so lange des bairischen Herolds Georg Rüxner Turnierbuch
(2. Ausg. 1532) noch als unverdächtige Quelle angesehen wurde, konnte
man zu einer rechten Würdigung der Bedeutung dieser so vielbe-
sprochenen Waffenspiele kaum gelangen. Zwar hatte schon Johannes
Müller in seinem „Discurs ob Georg Rixnefs deutsches Thurnier-
buch pro scripto authentico zu halten etc." (Nürnberg 1766) sich gegen
die Glaubwürdigkeit Rüxners ausgesprochen, und Pfeffel nennt ihn
gar (Abrege chronol. de l'histoire et du droit publique d'Alle1nagne.
Paris 1777. l", 120) einen "fameux imposteur", trotzdem blieb das
Werk zumal bei Heraldikern und "Genealogen im Ansehen. Dass
König Heinrich I. das erste Turnier in Deutschland 936 zu Magde-
burg veranstaltet, nimmt noch A. P. Budik (Ursprung des Tur-
niers. Wien 1836) als sicher an und sucht die Liste von R-üxners
Turnieren zu ergänzen und zu berichtigen. Nach seiner Meinung sind
im zwölften Jahrhundert alles in allem neun, im dreizehnten einundzwanzig
Turniere abgehalten worden; während in Wirklichkeit, selbst wenn wir
die Zahl auf hundert, ja tausend erhöhen wollten, wir kaum das Rich-
tige treifen dürften; so oft sind damals solche Kampfspiele gefeiert
worden. Um daher zu einem rechten Verständniss des Turnierwesens
zu gelangen, müssen wir zunächst alle späten, verdächtigen Quellen bei
Seite lassen und nur die Berichte der Zeitgenossen in Betracht ziehen.
Waffenspiele hat es bei allen kriegerischen Nationen gegeben.
Bei besonderen Gelegenheiten erprobten vor Zuschauern die walfen-
tüchtigen Jünglinge und Männer, theils um sich selbst zu üben, theils
um ihre Gewandtheit zu zeigen, ihre Geschicklichkeit, indem sie mit
stumpfen Waffen gegen einander kämpften. Das sind aber immer noch
keine Turniere. Auch die von Nithard (hist. lib. HI, 6, ad a. 842)
beschriebenen Spiele können wir kaum den Turnieren beizählen; es
handelt sich nicht um ein regelrechtes Lanzenrennen, sondern mehr