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VII.
Schenken.
nachdem es längere Zeit angedauert hat; die Hochzeit des Alexander
währte 30 Tage 1), die des Erec zwar nur vierzehn Tage, aber die
Gäste blieben noch vierzehn Tage länger da 2).
Vor dem Scheiden beschenkte man sich gegenseitig, doch so,
dass der minder Begüterte immer im Vortheil blieb, vielleicht gar
nichts wieder gab. Besonders der Wirth und seine vornehmen Gäste
mussten ihre milde Hand aufthun; wie dies gegenüber den fah-
renden Leuten und den Spielleuten zu geschehen pflegte, habe ich
schon oben erzählt: jetzt kam es darauf an, gegen die ärmeren
Standesgenossen seine Freigebigkeit zu erweisen. Freigebigkeit, Milde,
ist in den Augen jener Zeit eine der grössten, zumal von den Dich-
tern am meisten gepriesenen Tugenden. Wer da hat, der soll geben,
denn damit erwirbt er Freunde, Ehre und Macht 3); Geiz, Kargheit da-
gegen ist eine ganz verächtliche Charaktereigenschaft4). Bei jeder
Gelegenheit gab man daher, und besonders bei einem solchen Feste
konnte die Milde der Herren und Damen sich recht zeigen. Jacob
Grimm hat dies Thema in seinem schönen Aufsatze „über Schenken
und Geben" (K1. Schriften lI, 173) so ausführlich und mit einer so
überlegenen Gelehrsamkeit behandelt, dass ich nichts hinzuzufügen
habe. Ich bemerke nur, dass sowohl der Gast schenkt 5), als er vom
1) Alexanderl. 3865.
2) Erec 2194. 2215.
3) Walther v. d. Vogelweide (ed. Lachm.) p. 16: Philippe, künec häre, Si
gebent dir alle heiles wort Und wolden liep näch leide. Nü häist dü guot und ere:
Dez ist wol zweier künege hort: Diu gip der milte beide. Der niilte lÖn ist sö diu
sät, Diu wünnecliche wider gät Dar niueh man si geworfen 1111:: Wirf von dir
miltecliche. Sweleh künec der milte geben kann, si git im daz er nie gewan. Wie
Alexander sich versan! Der gap und gap, und gap s'in1 elliu riehe. Geste Lu-
dovici VIII. Regis Francorum (Duchesne V, 294):
Largus honoratur, contenmitur onmis avarus.
Et celebris dantis discurrit fama. per orbein,
Dat genus et forinznn, dat eunicos, aspera, mollit;
Muneris ohsequium dat honores, subicit hostes.
4) Johans von Rinkenberk 12 (HMS. I, 341): Diu kerge ist aller untugende
stam, Diu kerge schiuchet ere hin unt nraehet zam, Laster, nntriuwe, lüge unt
meintat bi mannen, wiben, megden unt den vrouwen. Diu kerge nidert hohen
man, Diu kerge macht, daz sich inaniger hie niuoz 801121311811 Vor reinen wiben,
unt er mag im himel riehe nieiner Got beschouwen. Diu kerge der helle schm-
dort hat Gemeret etc.
5) 1254! besucht Heinrich III. von England den König von Frankreich. Et
post prandiuin transmisit dominus rex Angliae magnatibus ad hospitia. sua. Fran-
cigenis nobiles cuppas argenteas, iinnacula. aurea, cingula. serica et alia. donativa,
prout decuit talem regem dare et tales primates gratanter recipere. Matth. Paris.