Volltext: Das höfische Leben zur Zeit der Minnesinger (Bd. 1)

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VII. 
der Ehe. 
Einsegnung 
Brautstuhl. 
_Gandin mit seiner Gattin, der ganze Hofstaat. Die Procession kehrt 
endlich zur Kirche zurück, und nun wird eine Messe celebrirt; nach 
dem Opfer beim Gebet werden die neuvermählten Paare mit einem 
kostbaren Tuche überdeckt 1), eine F ormalität, die in Frankreich ganz 
allgemein üblich gewesen zu sein scheint, von der ich jedoch in den 
deutschen Gedichten nie eine Erwähnung gefunden habe. Nach der 
Messe kehrt unter Musik der Hochzeitszug in den Palast zurück. Nach 
Etienne de Bourbon (Anecd. hist. N. 53, 420) wurden in der Vorhalle 
oder vor dem Portale der Kirche die gegenseitigen Gelöbnisse des 
Paares ausgetauscht (sponsalia de praesenti im Gegensatz zu den spon- 
salia de futuro, dem Verlöbnisse) und in der Kirche selbst nur die 
Messe gehört. Er erzählt ausdrücklich von einer solchen Vermählung, 
die 1240 zu Dijon stattfand 2). 
Für den Hofstaat waren in der Kirche vorher Sitze hergerichtet 
worden 3), und wahrscheinlich waren die Stühle des Brautpaares (brüt- 
stuol) besonders reich geschmückt 4). Die Sitte, das Brautpaar durch 
einen Ehrensitz auszuzeichnen, wird auch an anderen Stellen bezeugt 5). 
Unterdessen war der Palast festlich ausgeschmückt worden. Die 
1) Parton. 10807: Si comme costume est et us Trois chiers pzmlies tint on de- 
sus.  Doon p. 34.1: Et quant vint au mavtin Garixi a espousee Mabireite au cler 
vis qui estoit sa juree Et Turpin Parchevesque lor n messe cantee. Quant sous 
In couverteur Porent encourtinee Et le roi 1a roine a, per 1a. mein coinbree Des- 
sous 1a couverteur In les li aclinee; D0 i meine toutost Flandrine 1a. senee; Des- 
sous furent tous -vj- pur joie et per risee Quant 1a beneiehon fu sus Garin jetee. 
 Gaufrey p. 142: Au pnles sunt venus qui estoit paint in flour; Les espouses ont- 
misez dessous 1a. couvertour. 
2) Vgl. Establissements de Suint Louis, livre I, ehap. 10: Die Frau übergiebt 
2m In porte du Moustier dem Gatten ihre Mitgift.  Im 115. Capitel des ebenge. 
nannten Gesetzbuches heisst es aber: Wenn es sich ereignet, dass ein Edelmann seine 
'I'oehter verheirnthet, und der Vater kommt an der Kirehenthür und spricht: "Herr, 
ich gebe Euch dieses löräulein und so und soviel von meinem Grundbesitz, Euch 
beiden und den von Euch abstannnenden Erben etc." 
 Ottokar DCCHL 
4) Kudrun 540: Mit wie getaner äre im brütstuole saz Diu maget vil höre. 
 Athis C1 T: Gecleidit sö nie magit baz An irn lurütestuol gesaz.  Erec 7658: 
Duz lachen dö rich genuoc Daz Jupiter ze decke truoc Und die gotinne Jünö, Dö 
si in ir riche hö Ime brütstuole säzen.  Der Brütstuol wird dann geradezu mit 
dem Thron identificirt: Tit. 1505: S0 daz sie (die Kleider) romischem keiser weren 
mezze Swenn er uf dem coneilie (resp. Gunzenle) in breute stuel zu dem hohsten 
werde sezze. 
5) Vgl. die Wetzlarer Urkunde 1283 Oct. 15: "Quod quando sponsus et sponsa 
venientes ad ecclesiam, ut per te (plebanum) m0 re solito intronizentur" (bei 
Sohm, Trauung und Verlobung p. 52).
	        
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