Festzug zur
Kirche.
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Ausführliche Rathschläge giebt der Braut für den Vermählungs-
tag Francesco Barberino (Reggimento di Donna, P. V). E1- ermahnf
sie, lieber in ihrer Kammer erst ihren Hunger zu stillen, damit sie beim
Mahle um so weniger zu essen vermöge. Besonders bei der Trauung
soll sie schamhait furchtsam mit niedergeschlagenen Augen erscheinen,
beim Ringwechsel ihre Hand nur wie gezwungen hin halten, erst auf
die dreimal wiederholte Frage ihr Ja leise flüstern, auch sonst bei der
ganzen Cärimonie sich zieren und Komödie spielen. Vor dem Zu-
bettgehen lässt sie sich noch mit Rosenwasser Hände und Gesicht
waschen.
Ueberaus prächtig gestaltete sich der Zug zur Kirche. Es ist zwar
damals noch gar nicht feststehende Sitte, jede Training in der Kirche
vornehmen; so wird die Ehe Tristans mit lsolde Weisshand im Fest-
saale eingesegnet, die Trauung der Tochter Albrechts von Oesterreich
mit Hermann von Brandenburg 1295 findet sogar im Garten statt 1),
aber meist zog man es doch der grösseren Feierlichkeit wegen vor, in
die Kirche sich zu begeben und dort dem Brautpaare den Segen ertheilen
zu lassen. Die hohen Bräute werden von vornehmen Herren geleitet.
Wenn sie nach der Kirche reiten, so führen diese die Rosse am Zügel 7).
Am besten und ausführlichsten ist uns ein solcher Hochzeitszug in
dem Gedichte Partonopex de Blois geschildert (Part. 10711 ff.) Zwei
Könige führen die l{aiserin Melior, die Braut des Partonopex, und
tragen ihr den Mantel, zwei andre Könige die Uraque, die den König
Lohiers von Frankreich heirathen soll, zwei Castellane die Persewis,
die Verlobte des Gandin. Dann folgen 140 (sept vins) Damen und
Jungfrauen. Als die Mette, die Prime und die Terz (9 Uhr Morgens)
vorüber ist, kommen die Erzbischöfe und Bischöfe und trauen die Paare.
Nach der Trauung wird eine grosse Procession abgehalten; voran gehen
Priester mit Lichtern, Weihrauchüissern, Reliquienschreinen, singend,
ihnen folgt der Kaiser und die Kaiserin, beide gekrönt und von zwei
Königen geleitet; ein König trägt ihnen ein blankes Schwert vor3).
Darauf kommt der König von Frankreich mit seiner jungen Gemahlin,
1) Ottokar DCXXXIX: In aineln garten auf dem graz, Da, der rinkh gemauchet
wnz Von frawen und von mannen, Dez fürsten tochter fraw Annen Man herfur
weist Nach christenlicher e Gab sew der pischolf (von Seckau) zu samd.
2) Guill. de Palerne 8837: Li exüpereres dülemaigne Florence 1a bele en en-
nmjne Pm 1a resne a. {in 01'; Li roi dflispaigne Melior, Lartenidon Alixandxine.
3) S0 auch Wigalois p. 239, 25: Riäl, der künec von Jeraphin, Sit ez sin reht.
solte sin, N am des jungen riters swert. Daz truoger vor der frouwen bar.