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VII.
Ehehindernisse.
Verlobung.
nimmt die Kaiserin I-Iut und Mantel ab (capellum suum ex capite cum
peplo demisit.) Sie wird im erzbischöflichen Palast gastlich aufge-
nommen; die ganze Nacht singen und musiciren Reigen von jungen
Mädchen, unter die die Kaiserin selbst sich mischt (glorians in medio
iuvencularum tympanistrarum). Am 20. Juli (XIII. Kal. Aug.) hei-
rathet sie der Kaiser zu Worms. S0 berichtet Matthaeus Paris, und
ich habe seine Erzählung hier ausführlicher wiedergegeben, weil sie
den Beweis liefern soll, dass die Beschreibungen der Dichter in der
That der Wirklichkeit entsprachen.
Die canonischen Ehehindernisse sind aufgezählt und beleuchtet in
der 21. Predigt des Berthold von Regensburg (I, 309) 1), in der die
Anschauungen jener Zeit in höchst interessanter Weise Ausdruck ge-
funden haben. War eine solche Schwierigkeit nicht vorhanden oder
durch Dispens gehoben, hatte der Bewerber die Liebe seiner Erwählten
oder die Gunst dessen, der über ihre Hand zu verfügen hatte, ge-
wonnen, so erfolgte die Verlobung 2). Nach Vincentius Bellovacensis
(Speculum historiale lib. VIII, cap. 70) wurde die Verlobung vollzogen
durch blosses Versprechen, durch Ueberreichung von Brautgeschenken
(arrhis sponsalitiis), durch Austausch der Verlobungsringe (annuli sub-
arrhatione)3) oder durch Eidschwur. Unwirksam wird die Verlobung
(ibid. cap. 71), wenn einer der Verlobten ins Kloster geht, wenn der
Bräutigam nicht aufzufinden ist, wenn einer den Aussatz bekommt, ge-
lähmt wird, die Augen oder die Nase verliert, wenn verbotene Ver-
wandtschaftsgrade entdeckt werden, wenn sie auf gegenseitige Ueber-
einkunft den Vertrag lösen, wenn einer Unzucht getrieben oder sich
anderweitig verheirathet hat. Endlich kann ein minorenn Verlobter
1) Petrus Blesensis giebt (Ep. CXV) seinem Freunde, dem Abte von Messen-
der, folgende Merkverse:
Votum, conditio, violentia, spiritualis
Proxinlitals, error, dissinlilisque üdes,
Aet-as, turpe seelus, sanguis, conjunctio, tempus,
Haee si eanonico vis consentire rigori,
Te de jure vetant jura subire thori.
2) Gaufrey p. 216: Turpins li archevesque, ä la chiere membräe A demandä
Berart se 1a dame li gräe. „Oil, chen dist Berart, de euer et de pensäe." ,Et
vous? dist Parchevesque, douche dame senäe, Vous gräe bien Berart, ä 1a chiere
membröe?" „Oil, dist Flordespine, bien me plest et agröe." Adonques ln. li a.
Parchevesque afüäe.
3) Godefr. de Bouillon (bei der Verlobung des Gottfried mit der Florie) 15555;
"Et vescy ung aniell 0'011 doy vous demora." Et Flourie le prist c'un aultre Peu
donna.