Kuppler.
461
Jedoch bedurfte es des Zwanges in den meisten Fällen nicht.
Es gab genug Männer, denen die Ehre ihrer Frauen und Töchter feil
war. Johannes Sarisberiensis erzählt (Polycraticus lib. III, cap. 13) 1):
„Wenn die junge Frau aus ihrem Brautgemache schreitet, sollte man
den Gatten weniger für den Gemahl, als für einen Kuppler halten.
Er führt sie vor, setzt sie den Lüstlingen aus, und wenn die Hoffnung
auf klingende Münze winkt, so giebt er ihre Liebe mit schlauer
Heuchelei preis. Wenn die hübsche Tochter oder sonst etwas in der
Familie einem Reichen gefällt, so ist sie eine öffentliche Waare, die aus-
geboten wird, wenn sich ein Käufer findet. Und wenn auch ein gerechter
Schmerz diejenigen einigermassen foltert, die Theilnehmer in ihr Ehe-
bett zulassen oder heranziehen, so wird doch das Unbehagen durch
den Nutzen aufgewogen und gelindert, oder wenigstens verheimlicht er
die Schmerzen. Wenn man nämlich die Sache ernst erwägt, wenn
jeder frei zu urtheilen vermochte, so giebt es doch keinen grösseren
Schmerz, als wenn Einer seinen eigenen Leib durch Fremder Lust
besudeln sieht. Denn die übrigen Sünden sind ausserhalb des Kör-
pers; wer sich aber preis giebt, sündigt am eigenen Leibe. Das ist
Bein von meinem Beine, sagt er, Fleisch von meinem Fleische, so
dass Mann und Weib nicht zwei sind, sondern ein Fleisch. Wie dies
nicht ohne Schmerzen verletzt wird, so wird jenes nicht ohne Eifer-
sucht getheilt. I
und
"Königreiche
Wie "nicht zu
und Liebe sind nicht mit Andern zu theilen"
trauyn den Genossen im Reich", so auch nicht denen
im Bett. Sicher ist es leichter, die Reichthümer der Herrschaft als die
Liebe der Gattin einem Anderen abzutreten. Aber das sind ja nicht
Gatten, sondern Kuppler."
Unter ihren Standesgenossinnen trafen die armen Ritter, welche
auf Abenteuer auszogen, genug an, die ihnen auf halbem Wege ent-
gegen kamen. S0 schildern wenigstens die Dichter ihre Zeit. Mäd-
chen geloben geradezu, ihre Keuschheit für einen berühmten Helden
fehlschlägt, versucht die Stiefmutter selbst ihr Heil (p. 136): „Nu ä nu le böse et
atouche; Sachiez ke 1a mains et 1a bouche Ont moult de pooir in teile oevre. 'l'0ute
säibandone ab descuevre." Erbost darüber, dass auch dies nichts fi-uchtet.
verklagt sie ihn bei seinem Vater und beschuldigt ihn eines unsittlichen Atten-
tates.
1) Meiners, bist.
gicus l. III, c. 15.
Vergl.
Sitten
201,
citirt falsch:
Metalo-