Volltext: Das höfische Leben zur Zeit der Minnesinger (Bd. 1)

Kuppler. 
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Jedoch bedurfte es des Zwanges in den meisten Fällen nicht. 
Es gab genug Männer, denen die Ehre ihrer Frauen und Töchter feil 
war. Johannes Sarisberiensis erzählt (Polycraticus lib. III, cap. 13) 1): 
„Wenn die junge Frau aus ihrem Brautgemache schreitet, sollte man 
den Gatten weniger für den Gemahl, als für einen Kuppler halten. 
Er führt sie vor, setzt sie den Lüstlingen aus, und wenn die Hoffnung 
auf klingende Münze winkt, so giebt er ihre Liebe mit schlauer 
Heuchelei preis. Wenn die hübsche Tochter oder sonst etwas in der 
Familie einem Reichen gefällt, so ist sie eine öffentliche Waare, die aus- 
geboten wird, wenn sich ein Käufer findet. Und wenn auch ein gerechter 
Schmerz diejenigen einigermassen foltert, die Theilnehmer in ihr Ehe- 
bett zulassen oder heranziehen, so wird doch das Unbehagen durch 
den Nutzen aufgewogen und gelindert, oder wenigstens verheimlicht er 
die Schmerzen. Wenn man nämlich die Sache ernst erwägt, wenn 
jeder frei zu urtheilen vermochte, so giebt es doch keinen grösseren 
Schmerz, als wenn Einer seinen eigenen Leib durch Fremder Lust 
besudeln sieht. Denn die übrigen Sünden sind ausserhalb des Kör- 
pers; wer sich aber preis giebt, sündigt am eigenen Leibe. Das ist 
Bein von meinem Beine, sagt er, Fleisch von meinem Fleische, so 
dass Mann und Weib nicht zwei sind, sondern ein Fleisch. Wie dies 
nicht ohne Schmerzen verletzt wird, so wird jenes nicht ohne Eifer- 
sucht getheilt. I 
und 
"Königreiche 
Wie "nicht zu 
und Liebe sind nicht mit Andern zu theilen" 
trauyn den Genossen im Reich", so auch nicht denen 
im Bett. Sicher ist es leichter, die Reichthümer der Herrschaft als die 
Liebe der Gattin einem Anderen abzutreten. Aber das sind ja nicht 
Gatten, sondern Kuppler." 
Unter ihren Standesgenossinnen trafen die armen Ritter, welche 
auf Abenteuer auszogen, genug an, die ihnen auf halbem Wege ent- 
gegen kamen. S0 schildern wenigstens die Dichter ihre Zeit. Mäd- 
chen geloben geradezu, ihre Keuschheit für einen berühmten Helden 
fehlschlägt, versucht die Stiefmutter selbst ihr Heil (p. 136): „Nu ä nu le böse et 
atouche; Sachiez ke 1a mains et 1a bouche Ont moult de pooir in teile oevre. 'l'0ute 
säibandone ab descuevre." Erbost darüber, dass auch dies nichts fi-uchtet. 
verklagt sie ihn bei seinem Vater und beschuldigt ihn eines unsittlichen Atten- 
tates.  
1) Meiners, bist. 
gicus l. III, c. 15. 
Vergl. 
Sitten 
201, 
citirt falsch: 
Metalo-
	        
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