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Pewaltthaten.
das Mädchen sich gewehrt (Jder willig getilgt. Ein wahrhaft salomo-
nisches Urtheil theilt Etienne de Bourbon (Anecd. hist. N. 502) mit.
Ein junger Mann hatte einem Mädchen für ihre Gunst Geld verspro-
chen, hielt aber das Versprechen nicht, als er seinen Willen erreicht
hatte. Sie verklagt ihn nun wegen Nothzucht, und der Richter stellt
ihm anheim, sie zu heirathen oder ihr eine Summe zu zahlen. Der
Jüngling zahlt die Busse; die Klägerin ist zufrieden und geht ab.
Der Richter sagt nun dem Verurtheilten, er solle ihr nachgehen und
sich das Geld mit Gewalt wiedernehmen; jetzt vertheidigt sich aber
das Mädchen so tapfer, dass der junge Mann seinen Zweck nicht er-
reicht. Du lässt sich der Richter von ihr das Geld zurückgehen und
stellt es dem jungen Manne zu, denn sie habe offenbar gelogen.
Hätte sie ihre Jungfräulichkeit so energisch wie das Geld vertheidigt,
so wäre sie ihr nie genommen worden. (Im fünfundvierzigsten Capitel
des zweiten Theiles von Don Quixote fällt Sancho Pansa genau das-
selbe Urtheil.)
Als erschwerend galt es, wenn der Mann sich ausserdeni eines Ver-
trauensbruches schuldig machte. S0 wird in den Establisselnents de Saint
Louis (livr. I, ehap. L1) der Ritter, Welcher ein ihm von seinem Herrn
anvertrautes Mädchen verführt, seines Lehens verlustig erklärt; hat er
Gewalt gebraucht, dann wird er schmählich an den Galgen gehängt.
Wie schon oben (S. 395) bemerkt worden ist, hatten (öfters Ritter die
Damen auf Reisen zu laegleiten; Wussten sie sich die Zuneigung ihrer
Reisegefzihrtinnen zu erwerben, dann nahm Niemand davon Notiz, was
sterii Diessensis (MG. SS. XVIl, 331). Vgl. Chron. Magni preshyteri Contin.
ad zu. 1213. (JhuonradiSchirensis Ann. 1196: Chuonrzudus dux Suevorum expe-
ditionem adversus ducem de Zaringen inovit, in qua per amplexum cuiusdzuxi
puellue, quam vi deilomre conabatur, morsu in sinistra lmpilla tactus vesiczi cres-
cente nigra nec per hoc eo tardare volente tercia die obiit in Oppenheim. Von
demselben Konrad von Schwaben, dem Bruder Kaiser Heinrichs VI., erzählt Bur-
chardi et Conradi Urspergensis Chron. ad a. 1196: Erat enim vir totus inserviens
umlulteriis et fornicationibus et stupris, quibuslibet luxuriis et innnundiciis, stre-
nuus tzunen erzmt in bellis et ferox et largus amicis et tamen sui quam extnmei
tremebant sub eo. Ottokar beschuldigt Philipp den Schönen von Frankreich
der Nothzucht an der Tochter des Grafen Guido von Flandern (DLXXXV): "Die be-
hert er der ern und des frums Der plumen des mzbgißllmbs Mit gewalt ame ir
dankch", auch Adolf von Nassau (DCLXXIII) wirft er vor: „Daz er hawsfrawn und
magd Het genotzogt an im dankch" und dem König Andreas von Ungarn (DCCXVII)
"Uberhuer und trunckenhait". Auch Gäwvein ist nicht tadellos geblieben. Wi-
gal. p. 43, 7: Eine magt wolgetän Die greif er über ir willen an Sö daz si weinde
unde schre.