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Sodomie.
liche Verschwägerung unter ihnen, dass keiner im Stande war, ihre
abscheulichen Verbindungen zu lösen." Auch Caesarius von Heister-
bach theilt uns verschiedene Beispiele von dem lüderlichen Leben der
Geistlichkeit mit (vgl. H, 4. 5; Unzucht mit einer Jüdin ll, 23. 24).
Ja auch die Nonnenklöster waren nicht von diesen Sünden frei: "Ca-
nonici und Ritter machten sich mit den edelgeborenen Nonnen zu
schaifen", sagt der Autor jenes Fraginentes, und wie es mir scheint,
steckt etwas Verfängliches hinter des Heinrich von Melk einstweilen
unverständlichen Worten (Priesterleben 65): "Ich Waene die pfeifen
unt die nunnen Ein gemäinez biwort chnnnen, Daz si sprechent
'Post pirum vinum, Nach dem wine hqert daz bibelinumj." Also
gerade die Leute, die dem Volke ein Vorbild eines unsträflichen
Lebenswandels sein sollten, gaben ihm das allerschlechteste Beispiel.
Sie, die der Weltlust und vor allem der Wollust feierlich entsagt, sie,
die gegen die Todsünde der Luxuria von den Kanzeln Wetterten und
erfinderisch die Höllenstrafen ausmalten, die den Sünder im Jenseits
erwarten, sie sind die ersten, die das Gebot der Enthaltsamkeit über-
schreiten.
Ja sie gaben dem Volke geradezu ein verderbliehes Beispiel, da
in ihren Kreisen, zumal in den Klöstern 1), zuerst jene widernatür-
liehen Laster gepflegt wurden, die schon im Alterthunl bei den Grie-
chen und Römern so beliebt waren und die dann auch bei den Sa-
razenen Eingang gefunden hatten 2). In der moralischen Abhandlung
„hec scribimus propter simplices et minus intelligentes" (Altd. B1.
l, 365) heisst es: „vicium contra naturain, daz ungeliche mein Wider
der nature, daz ubel ist ze sagene, wirser ze horen, miehels wirser ze
wizzen." Hauptsächlich in England war dies Laster weit verbreitet 3);
die Lustknaben spielten dort geradezu eine hervorragende Rolle 4), und
1) Hugonis Flaviniacensis Chron. Virdunense lI (MG. SS. VIII, 486). Czws.
Ileisterbac. III, 24.
2) v. Kremer, Culturgeschichte des Orients II, 128 ff.
3) Ord. Vit. 1. VIII, c. 4: Inter haec impune procedebut laotulans illeccbru,
molles fl-(unmisque cremandos turpiter foedabzmt Venus SOCIOIIIIÜICiL. Nlaritzmlem tho-
rum lmblice polluebant adulteria; l. VIII, c. 10: Sodonliticis spurcitiis foedi eat'n-
mitae üannnis urendi turpiter ubutebzbntm- (um 1090). Guillaume de Nangis
erzählt 1120 in seiner Chronik, wie zwei Söhne des Königs Heinrich I. mit vielen
FIdeIIeLIten bei einem Schiifbruche ertrinken: Qui omnes fere sorlomitica. lebe di-
cebantur et erant irretiti.
4) Oiwl. Vit. l. V, "e. 10: In ducatu Rodberti catzunitae et eifeininamti donxinzl-
bantur.