Unzüclutiges Leben der
Geistlichen.
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darum besser, dass er ein Weib für sich hat, als dass er mit den WVei-
bern Aller sich zu schaffen macht." Und Caesarius von Heisterbach
erzählt (H, 3) von einem Mönche, der aus dem Kloster entfloh und
Pfarrer wurde: "er nahm, wie das bei Vielen Sitte ist, eine Beischla-
ferin ins Haus, mit der er auch Kinder hatte" (vgl. auch lll, 13. 29;
VI, 35; XH, 20). Heinrich von Melk schildert (Priesterleben 634-
737) diese Pfaffendirnen, die sich schön putzen, gekräuselte Locken,
gelbe Schleier, feingenähte Handschuhe tragen und denen ihre Lieb-
haber SchmuckSacllcn (684: Zwene rote bouge soltu tragen W01 ge-
stäinet unt ergraben; Die hat mir ze triwen geslagen Ein biderber
inäister) und Geld bringen, die sie für die Lossprechung von den Sün-
den erhalten haben.
Nicht genug aber, dass die Geistlichen sich ihre Maitressen hiel-
ten, waren sie auch jederzeit bereit, hübschen Mädchen und jungen
Frauen nachzustellen, und meist mit Erfolg. Sie verlangten von ihren
Geliebten keine Geschenke wie die armen Ritter, sondern brachten
selbst Geld und Putz, so dass manche Dame die Liebe des Pfaiffen
der eines Ritters vorzog. Heinrich von Melk (Priesterleben 104) lässt
die Pfaffen den Besitz schöner Frauen geradezu als ihr gutes Recht an-
sprechen: "Mit Wol getanen Wiben S01 niemen spilen wan pfaffen: Wir
wellen unser dinc schaffen: lr läien, ir sult uz gan." Die Schwanke und
Fabliaux sind voll von Geschichten, wie Priester und Mönche Mädchen
und Frauen zu berücken wissen, wie sie die Väter und die Ehemänner
ihrer Geliebten schlau hintergehen; sie erzählen abenauch oft genug,
dass der Pfaffe, abgefasst, tüchtig bezahlen musste, Prügel erhielt,
todtgeschlagen wurde 1). Die PfatFen-Anekdoten liefern bis in das sechs-
zehnte Jahrhundert einen nicht unbedeutenden Beitrag zu den Novel-
lensanimlungen.
"Herr Heinrich, Bischof von Basel (1215-38)", lieisst es in dem
schon erwähnten Fragment de rebus Alsaticis, „hinterliess bei sei-
neni Tode zwanzig vaterlose Kinder ihren Müttern." Und vom K10-
eter Wolverhampton schreibt Petrus Blesensis (Ep. CLII; ed. Giles
H, S7): „Sie lebten öffentlich und oiienkundig in Unzucht und rühm-
ten sich ihrer Sünde wie Sodom, und im Angesichte der öfftantlichen
Schande (in palpebris popularis infamie) nahmen sie einer des andern
Tochter oder Nichte zur Frau. Und so gross war die verwandtschaft-
1) Ann. Colmar. nlaj. 1297: Circa nativitatem Domini fuerant cuidam clerico
in civitate Basiliensi virilia propter quandanm juvenouhun detruncata et suspensa,
in nmedio civitatis.