Volltext: Das höfische Leben zur Zeit der Minnesinger (Bd. 1)

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Leute. 
Belohnung der fahrenden 
mit ihren Kunstleistungen "die Speisenden ergötzen (s. Fig. 83) 1). 
Sie bekamen tüchtig zu essen und zu trinken, und die Ueberreste der 
Tafel wurden ihnen endlich ebenfalls preisgegeben. Eine merkwürdige 
Geschichte "erzählt Lambertus Ardensis im 111111dertvierundzwanzigsten 
Capitel seiner Historia Comitum Ardensium et Ghisnensium. Der Graf 
Arnold von Ardres vermählt sich mit Gertrud von Alost; "unter der 
Menge der von allen Orten zur Hochzeit herbeigeströmten Leute 
rühmte sich ein Possenreisser (scurra), ein Biertrinker  denn damals 
war es Sitte Bier zu trinken  als er mit seinen Zechgenossen in 
einem Hause beim Trunke sass, und sprach es laut aus, er sei ein 
solcher Trinker, dass, wenn der Herr Bräutigam ihm einen Gaul (ron- 
chinum) oder irgend ein Pferd schenken wolle, er sich getraue, eines 
der grösseren Fässer aus dem herrschaftlichen Keller, das ganz mit 
Bier gefüllt sei, auszutrinken. Er wolle den Zapfen herausziehen, den 
Mund an das Spundloch legen und das Fass leeren ohne abzusetzen, 
selbst die Hefen austrinken, wenn ihm nur Gelegenheit bereitet werde, 
während des Trinkens Urin zu lassen. Als diesen Vorschlag der Bräu- 
tigam angenommen hatte, leerte der Possenreisser, wie er voraus ge- 
sagt und versprochen hatte, saufend, schlingend und trinkend und da- 
bei urinirend  o Völlerei der Trinker und unbedachte Freigebigkeit 
der Fürsten!  das Fass. Als er damit fertig War, sprang er in Mitten 
der Gäste und präsentirte als Zeichen seiner Geschicklichkeit (jocula- 
ritatis) oder vielmehr seiner Völlerei den Zapfen im Munde und be- 
gann mit schreiender und triumphirender Stimme das Pferd, das er 
mit seinem Trinken dem Vertrage gemäss gewonnen, beständig und 
keck zu verlangen. Der Bräutigam aber, mit sprühenden Augen ihn 
anschauend, befahl, ihm sofort ein Ross zu satteln und zu geben. 
Die Diener jedoch, schnell vorspringend und von ihres Herrn Absich- 
ten weislich vorher unterrichtet, hieben Bäume ab, richteten einen 
Galgen her und liessen ihn auf dem Folterrosse reiten." 2) Diese Anek- 
dote ist ebenso bezeichnend für die Leistungsfähigkeit der fahrenden 
1) Richars li biails 2280: Apries s'a.sseent a. 1a table, Deuant yalz ont maint 
gougleour, Maint baleur et maint tumeour, Li millour uieleur uiolent; 4123: Qui 
don oyst hELTpBS harper Et ces uielles uieller, Ces chytolles, ces chy-fbnies, Ces 
sonnes et ces melodies! Däutre pzmrt sont tymbre et tzibour, Chil tumeour, chil 
baleour, Et chil danseur et chil canteur, Chil caroleur, chil esprmgheur. 
2) „c0ncisis iri patibulo arboribus eum in eculeo suspendeiunt." „Equu]eus, 
Folterross, eine Maschine, welche mit einem Pferde Aehnhchkeit gehabt haben 
muss, nämlich ein Querbalken mit vier Füssen. Der zu Folternde wurde oben auf 
den Querbalken gelegt oder darunter gehängt und vermittelst der an Händen
	        
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