Volltext: Das höfische Leben zur Zeit der Minnesinger (Bd. 1)

Gesellschaften. 
Geladene 
Spiele. 
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es kam doch die Zeit, wo der Gesprächsstoff erschöpft war und man 
auf andere Beschäftigung denken musste. 
Festlichkeiten Wurden doch nur selten und dann nur bei feierlichen 
Anlassen veranstaltet. Wie es bei einer solchen geladenen Gesellschaft 
zuging, erzählt sehr naiv das Fabliau „la Gourt de Paradis" (Barbazan et 
Meon, Fabl. III, 128). Da will der Heiland am Allerheiligentage ein 
Fest veranstalten und liisst durch Simon und Juda alle himmlischen 
Heerschaaren einladen. Die Boten gehen mit ihren Schellen (eschelette) 
in die einzelnen Behausungen und bestellen die Einladungen. Zur 
festgesetzten Stunde erscheinen die Heiligen truppweise, machen der 
Jungfrau Maria und dem Heiland ihre Reverenz und werden freund- 
lich empfangen. Als alle im grossen Paradies-Saale versammelt sind 
(sont inonte ens el maistre estage), schliesst Petrus die Thür zu, und 
Clnistus bittet nun seine Mutter, das Fest zu beginnen. Sie nimmt 
Maria Magdalena bei der Hand und singt; die Evangelisten blasen auf 
Hörnern; dann folgt Tanz und Gesang. Die Pointe der Geschichte 
ist, dass die armen Seelen im Fegefeuer von der im Himmel herr- 
sehenden Fröhlichkeit hören, um Gnade bitten, sie erhalten und durch 
Michael ins Paradies eingeführt werden. Deshalb folgt auf den Aller- 
heiligentag das Fest Aller Seelen.  Solche Gesellschaften aber bloss 
zur Belustigung der Hausgäste zu veranstalten, war, man nicht gewöhnt. 
Diese mussten sehen, wie sie sich erheiterten, und zu hohe Ansprüche 
machte man  damals nicht. Wenn also die Unterhaltung ausging, 
so sind dann die Spiele recht Wohl geeignet, als Lückenbüsser einzutreten. 
Die Würfel waren unter Männern zumal sehr beliebt 1). Mit Wür- 
feln verspielte man sein Geld und Gut, und deshalb stand ein Würfel- 
spieler auch nicht in besonderer Achtung 2); gerade wie wir die ge- 
werbsmässigen Hasardspieler mit Geringschätzung ansehen, wie Ge- 
setze dem Missbrauch der Glücksspiele vorzubeugen suchen, so ge- 
schah dies schon damals. Otto der Grosse hatte bereits 952 auf dem 
Reichstzige zu Augsburgani 7. August die Geistlichen, die vom Würfel- 
spiel nicht abliessen, mit der Absetzung bedroht 3). Friedrich II. pu- 
blicirte dann 1232 ein Gesetz „de aleatoribus" (Ryccardus de S. Ger- 
1) Order. Vibalis 1. VIII, Ic. 10: (die Normannen u1n 1090) Nocte commessa- 
tionibus et potationibus, vanisque confabulationibus, aleis et tesseris, aliisque lu- 
dicris vuca-baxnt; die vero dornüebant.  Doon p. 245: Apräs disner se jouent as 
oschäs et as däs. 
2) Cf. Lassbergs Lieders. III, CCIII. 
3) Ottonis Magni Constitut. Conventus Angustanus 3: Episcopus, presbyter aut 
(Iiaeonus aleae vacans, si ab hoc interdicto opere cessm-e noluerit, velut in canone 
apostolorum habetur capitxxlo quabdrzmgesimo secundo, (Ieponendus erit.
	        
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