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Eigenschaften
guten Falkne:
eines
sagt: „Wip und vederspil die werdent lihte zam; Wer si ze rehte lücket,
so suochent si den man", so ist das doch nicht so buchstäblich zu
nehmen. Jedenfalls sind damals so manche Frauen leichter zu ge-
winnen gewesen, als ein Falke sich abrichten liess. Kaiser Friedrich
hat im siebenundvierzigsten Capitel seines Tractates zusammengestellt,
welche Eigenschaften ein guter Falkner haben soll. Er soll von mitt-
lerer Grösse sein, nicht zu mager oder zu wohlbeleibt, seine Kunst
lieben und bis ins Greisenalter gern treiben. Er muss umsichtig sein,
ein gutes Gedächtniss, scharfe Augen, ein leises Gehör, eine laute
kräftige Stimmehaben. Gewandt und geschwind, keckund des Schwimmens
wohl kundig, soll er jedem Zufall bei der Jagd gewachsen sein. Besser
ist es immer, wenn er nicht zu ung ist, allein auch junge Leute können
sich beherrschen lernen und mit der Zeit Tüchtiges leisten. schläfrig
darf er gar nicht sein, denn er kommt spät ins Bett, muss des Nachts
mehrmals nach seinen Zöglingen sehen, morgens früh aufstehen, beim
leisesten Klang der Schelle sofort wach und bereit sein. Völlerei,
Trunksucht, Jähzorn, unruhige Bewegungen schicken sich für ihn gar
nicht. Er soll einen weiten, bis zum Ellenbogen reichenden Hand-
schuh aus grobem Leder tragen, den er leicht aus- und anziehen kann
und eine Tasche (carneria) mit Fleisch und Lockspeise stets bei sich
an seinem Gürtel haben 1). Nichts desto weniger haben selbst Damen
sich dieser Mühe unterzogen 2). Auf zahlreichen Frauensiegeln sehen
wir dieselben den Falken stolz auf der Hand tragen 3). Sie putzten
dann den Vogel noch mehr heraus, indem sie mit Goldfäden sein Ge-
fieder umwanden 4).
1) Zwei solche 'l'_'aschen, wohl aus späterer Zeit bei-rührend, aus Goldstolf und
Atlas, mit Stickereien verziert, Luder genannt, bewahrt die Ambrasei- Samml. (Ed.
v. Sacken, Ambras. Sannnl. II, 139).
2) Orias belagert die Burg, in Welche sich Karl geflüchtet. Als er da mit einem
Sperber auf der Hand erscheint, lockt Orie, seine Schwester, die bei Karl ist, den
Vogel, Welchen sie früher gefüttert, und er kommt sogleich zu ihr, Worauf sie ihn
an Karl verschenkt. Karlmeinet p. 186, 12-187, 54; p. 187, 55: Den sperwerhey
do begunde Z0 streychen, als hey wol konde. Hey underbleys eine syne vlogcle.
3) Lanzel. 7172: Des Wirtes tohtr, ein sehmniu maget, Hübsch und erbaere, Siu
fuort ein sperwzere Von maneger müze wol getan. Ich erwähne nur das Siegel
der Gräfin Hedwig von Ravensberg (1270-1315), welches Fürst Hohenlohe-Wald-
burg im Anzeiger f. Kunde deutscher Vorzeit 1873, Sp. 357 publicirt hat. (S. Fig. 88.)
Vgl. die Miniaturen der Pariser Minnesinger-Handschrift (vßlHßlgßn, BilderSäml,
T. XV; Mämier mit Falken T. XXIII, XXXII, XLIII).
4) Der von Kiurenberk 8 (HMS. I, 97): Ich zog mir einen Vihlken mere
danne ein jär; D0 ich in gezamete, als ich in wolte han, Und ich im sin gevidere
mit golde wol bewant, Er huop sich uf vil hohe und vluoc in anderirl lant.