Jagdrecht.
Liebe zu den Thieren.
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Jäger ihrem Wildstaude Abbruch thaten 1). Dass hin und Wieder das
J agdrecht etwas hart und streng gehandhabt wurde, ist nicht in Ab-
rede zu stellen, doch mögen Gewaltthaten wie die des Enguerrand
de Coucy immerhin selten gewesen sein; sie wurden auch von den
Zeitgenossen streng verurtheilt. Wie Guillaume de Nangis (Gesta
S. Ludov.; Bouquet, Recueil XX, 398) und der Beichtvater der Königin
Margarethe in seinem Leben des h. Ludwig (Bouquet, Rec. XX, 1131
erzählen, hielten sich in der Abtei Saint-Nicolas-au-Bois (Diöcese Laon)
drei junge iiandrische Edelleute auf, um französisch zu lernen.
Bei einer Jagd auf Kaninchen, nur mit Bogen und Pfeilen bewafnet,
aber nicht von Jagdhunden begleitet, kommen sie zufallig auf das
Gebiet des Enguerrand de Coucy, werden von dessen Förster abge-
fasst und auf Befehl des Herrn sofort aufgehängt. Es scheinen noch
Dienstleute in ihrem Gefolge gewesen zu sein, denn es wird immer
von zehn Gehängten gesprochen. Der vornehme Herr musste 10000
Pfund Strafe zahlen, die der König ins heilige Land schickte; er ver-
lor die Strecke Wald, büsste die hohe Gerichtsbarkeit ein und hatte
drei Capellaneien für die Verstorbenen zu stiften.
Es steckt noch ein gut Theil Lust am freien ungebundenen
Jägerleben in den Herren der damaligen Zeit, und mit der Freude an
der Jagd, mit dem dadurch erworbenen Verständnissßür die Art und
das Treiben des Wildes verbindet sich nun auch eine Liebe zu den
Thieren, die Männern wie Frauen gleichmässig eigen ist. Nicht allein,
dass zur Ausstattung eines Schlosses auch eine stattliche Meute, ein
Vorrath von gut abgerichteten Falken gehört, hielt man sich mit Vor-
liebe zahme und wilde Thiere. Die Damen hatten ihre Schosshunde,
die sie überall hin begleiteten 2), und die selbst auf ihren Grabmälern
zu ihren Füssen hingeschmiegt dargestellt werden; aber auch zahme
Hirsche3), Marder, Hermeline, Vehe, Eichhörnchen halten sie sich; in
1) Vgl. Joh. Jac. Reinhard, de jure forestali Germanorum. Francof. ad M0e-
num 1738.
2) Ortnit 550: Dö lac vor sinem bette zallen ziten ein bräckelin. Virginal
p. 130, 9: Kleiniu hundel, salter buoch Si üz den schözen valten (d. h. die Jung;-
frauen, als sie aufstamden); 671, 12: Die megede sich bereiten gar Und warfen
die hundel üz dem schöz. Apollonius 6197: Wer ouf weichen siclen Sich wil
strecken zaller stunt, Der Wirt foul als ein hunt Und muoz ein wip huoter ein
Als ein polsterhündelin. Isolde nimmt ihren Peticrü überall mit; der König
Andreas von Ungarn hat selbst bei Tafel ein Hündchen auf dem Schosse (Otto-
kar DOCXIX).
s) En. p. 132, 39 E.