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Uebermässiges Trinken.
als ein Wintertag zur Weihnachtszeit 1). Der Wein floss in Strömen 2),
und so Mancher mag da wohl einen tüchtigen Rausch davongetragen
haben 3). Noch galt es nicht für anständig, sich zu übernehmen 4),
und von dem wahren Cultus der Betrunkenheit, der zumal von den
deutschen Fürsten und Herren des sechszehnten Jahrhunderts gepflegt
wurde, war man doch noch sehr weit entfernt. Eine Verherrlichung
des Trunkes finden wir in unseren Gedichten nie; Compositionen wie
der Weinschwelg, der Wiener Meerfahrt, sind in bürgerlichen, nicht
in adligen Kreisen entstanden. Von den üblen Folgen den Trunken-
heit wird deshalb auch nur ausnahmsweise berichtet, und doch mögen
der saure Kratzer oder die gesüssten und gewürzten Getränke, zumal
im Üebermass getrunken, den Herren auch nicht zum besten bekom-
men sein. „Le dit des Planetes", welches A. Jubinal im zweiten Bande
seines Noilveau recueil de Contes abdruckt, erzählt (p. 375) wie die
Bürger des Sonntags statt in die Kirche in die Schenke gehen und
vom Morgen bis zum Abend da pokuliren, schreien und spectakeln,
bis der Wirth, wenn es zu spät wird, sie hinauswirft. "Und wenn
dann der nächste Tag kommt, dann thut ihnen der Kopf weh und
die Hand zittert ihnen und mit Anstrengung gehen sie aufs neue
ins Wirthshaus (Hundehaare aufzulegenzlors vont par effors Au poil
du chien qui les amors). Da fangen sie die Schlemmerei von neuem
an, und wenn sie dann nach Hause kommen, prügeln sie Weib und
Kinder." Aber auch vornehme Herren bekommen das Podagra 3)
und haben sich wahrscheinlich durch vieles Trinken dies Leid selbst
zugezogen.
Die Ueberreste
der Mahlzeit
Wurden
3.11
die Armen
vertheilt.
Als
1) Percev. 9617: Et li inangiers ne fu pas cours, Qui dura. plus que j Lies
jors Entor Nativitä ne dure.
2) Renner 4773: Ich gedenk wol, daz ich zeimal saz Bi künig Adolf niht verre
und az. Da goz man Wein hin als ein pach. Ditz tet mir we, do ich daz sach.
Der tisch gerihte mich verdroz, D0 vor minen füzzen Hoz Der wein, als über ein
velt der brunne.
3) Her Reinmar von Zwetei- II, 116 (HMS. II, 198): Ir edelen knehte ir lernet
also trinken, Daz ir iht Schildes halp beginnet hinken; Vür durst ist trinken W01
erloubet: Swem aber durch des zapfen klink Umnaerent ritterlichiu dink, Der
breit hin heim vil lihte ein trunken houbet.
4) Du prestre et de 1a danie 103 (Mäon, fabl. IV, 184): Que il fu maintenant
toz yvres. Si ot vaillant plus de inil livres E11 son chatel que all lllatill- Lors
eommance ä, lmller lathi Et poistroillaz et alemant, Et puis tyois et puis flem-
mant, Et se ventoit de ses largesce, Et d'une trop {iere proesce Quc i1 soloit faire
es anfance: Li vins Pavoit fait Roi de France.
5) Parz. 501, 26: Ein siechtuom heizet pögtät Treit er, die leme helfelös.