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Silberservice.
für anständig galt und auch durch das kanonische Recht verboten
war, dass zumal ein Edelmann sein Geld auf Zinsen lieh, so be-
nutzte er seinen Ueberfluss dazu, Werthstüeke anzuschaffen, die im
Falle der Noth ja leicht Wieder zu Gelde gemacht werden konnten.
Wie viel die Herrschaften an solchen Kostbarkeiten besasseil, ist schwer
zu ermitteln, da für das zwölfte und dreizehnte Jahrhundert nur Wenig
Schatzinventare erhalten sind. Einiges lässt sich aus dem Testamente
Iräene Gefüsse nach Sculptuven der Kirche Saiut-Benoit zu Paris.
des Erzbischofs Brun von Köln, der 965 starb, ersehen (Ruotgeri vita
Brunonis; MG. VI, 274-275). Dann erzählt Radulfus de Diceto in
seinen Ymagines historiarum, dass 1182 der Erzbischof Roger von
York ausser baarem Gelde hinterliess: eine goldne Trinkschale (cuppa),
sieben aus Silber, dann neun silberne Becher (cifri), drei Maser-Schalen,
drei silberne Salznäpfe, vierzig silberne Löffel, acht silberne Schüsselchen,
ein grosses silbernes Tablet (discus) und silberne Schüsseln. Der
Erzbischof von York war gewiss ein grosser Herr und doch reichte
sein Silbergeschiir höchstens für sechszehn Personen aus; die meisten
der zahlreichen Gäste, die er zu seinen Festtafeln einlud, mussten sich
also mit geringeren Gefässen begnügen. Aber einige goldne oder sil-
berne Geräthe durften auf den Tischen der Grossen, zumal an Fest-
tagen nicht fehlen, und dass dieselben knnstreich gearbeitet waren,
können wir unsern Gewährsmännern wohl unbedingt glauben. War
doch das Material kostspielig und die Arbeit des Künstlers im Ver-
hältniss so wohlfeil, (lass es sich verlohnte, nun auch alle Mühe darauf
zu verwenden, das Geräth möglichst schön zu bilden. Heute sind die
Verhältnisse bekanntlich ganz verändert; das Material, selbst Gold und
Silber, ist billig im Vergleiche zur Kostspieligkeit wahrhaft künstle-
rischer Handarbeit. Schon der vorhin genannte Erzbischof Brnn von
Köln vermacht eine Schüssel griechischer Arbeit (scutellam Graecam)
der Pantaleonskirche; zwei vergoldete silberne Schüsselchen aus Mar-