Volltext: Das höfische Leben zur Zeit der Minnesinger (Bd. 1)

Souper. 
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Souper ist nichts werth, wenn des Gastgebers Gesicht iinster drein 
blickt. Viertens Mannigfaltigkeit der Gerichte, damit, wer von einem 
nicht mag, sogleich vom andern kosten kann. Fünftens Abwechse- 
lung der Weine und der Becher. Sechstens artiges und anständiges 
Benehmen der Dienerschaft. Siebentens, dass die Gesellschaft jedem 
der theilnehmenden Freunde ansteht. Achtens ausgezeichnete Tüch- 
tigkeit der Sänger und der Musiker. Denn ohne Cither oder Sympho- 
nie pßegen die Soupers bei edlen Leuten nicht gefeiert zu werden. 
Das Neunte ist die verschwenderische Menge von Lichtern und Kerzen, 
denn im Finsteren zu soupiren ist unangemessen und auch der Fliegen 
wegen (propter muscas!) gefährlich, und deshalb werden Kerzen auf 
die Leuchter gesteckt, die Laternen, die Lampen, die Lichte noth- 
wendiger Weise angezündet. Zehntens, dass alle aufgetragenen Ge- 
richte lecker bereitet sind, denn beim Souper piiegt man nicht, wie 
beim Diner, grobe und gewöhnliche Speisen aufzutragen, sondern man 
setzt den Tischgenossen ausgesuchte, leichte und delicate Gerichte 
vor, zumal an den Höfen der Herren. Elftens muss das Souper lange 
dauern. Denn es pflegen die Leute, wenn die Tagesarbeit vorüber 
ist, ihr Mahl in die Länge zu ziehen. Alle zu schnell genossene 
Speise schadet nämlich zur Nacht, und deshalb soll man gemächlich 
soupiren. Zum Zwölften, dass Keinem Kosten erwachsen (indemnitasj); 
denn Jeder muss so zum Souper gebeten werden, dass er keinen 
Verlust dadurch erleidet. Unanständig nämlich ist es, nach einem 
freiwillig gebotenen Souper jemanden zur Zahlung eines Beitrages 
(simbolum) zu zwingen. Das Dreizehnte ist die Annehmlichkeit der 
Ruhe und des Schläfchens. Denn nach dem Souper muss man ruhen, 
weil dann der Schlaf sehr süss ist, und deshalb waren elfenbeinerne 
Betten und goldene Lagerstätten im Palast. Wie nämlich Constan- 
tinus (medicus) sagt: ,Wenn der Dunst der Speisen in das Gehirn 
steigt, so schlafen wir leichtt." 
Die Esstische wurden in den Saal hineingebracht und aufge- 
tragen (s. S. 66), dann mit Tischtüchern (afr. nape) laelegt 1). Die- 
selben Waren gewöhnlich weiss 2), aber mit goldenen oder silbernen 
1) Lohengr. 914: Nü was ouch ezzens worden zit, Diu tischelachen wurden 
alle üf geleit.  Dietr. Flucht 7644: Zehant man üf die tische truoc Tischlachen, 
als man solde, Wand man ezzen wolde. 
2) Wolfdietr. A 145: In den palas witen sazt man die tavel breit, Wiziu 
tischlachen spazhe wurden dar üf geleit.  Virgin. 923, T: Die tzweln wurden 
schiere bedaht Mit wizen waehen tuochen.
	        
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