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Gastereien bei Hofe.
im Gebrauche gewesen zu sein, da doch verhältnissmässig nur selten
die Dichter bei Beschreibung der Gelage ihn ausdrücklich nennen 1).
Wie der Truchsess und der Küchenmeister über die Bereitung und
Servirung der Speisen zu wachen hatten, so lag es dem Schenken ob,
für das Getränk zu sorgen und darauf zu achten, dass bei Tische ein
Jeder reichlich mit Wein versehen wurde.
Ob das an den Tafeln der Fürsten verabreichte Getränk immer
besonders gut war, möchte nach den Aeusserungen des Petrus Ble-
sensis (Epist. XIV; Opp. ed. Giles I, 49. Oxon. 1847) fraglich erschei-
nen. Er schreibt: „Ich habe zuweilen gesehen, dass so verdorbener
Wein (vinum faeculentum) den Grossen vorgesetzt wurde, dass er nur mit
geschlossenen Augen und zuszunniengebissenen Zähnen, mit Schauder
und Widerstreben, eher geseiht als getrunken werden musste. Das
Bier, das am Hofe getrunken wird, ist scheusslich von Geschmack,
abscheulich anzusehen." "Am Hofe", fährt er fort, "wird der Men-
schenmenge wegen das Schlachtvieh ohne Unterschied gesund und
krank verkauft, auch die Fische schonivier Tage alt, und doch min-
dert die Fäulniss und der Gestank nichts vom Preise. Denn die
Dienerschaft
kümmert
sich
um
den
Tod
oder
die
Krankheit
der
glücklichen Tischgäste nicht, wenn sie nur an den Tischen ihrer
Herren mit besseren Gerichten bedient wird." Diese Beschreibung
contrastirt allerdings gewaltig mit den Schilderungen der Dichter.
Ob sie ganz zuverlässig ist, möchte ich bezweifeln: der Briefsteller
will vor dem Hofleben warnen und trägt deshalb seine Farben etwas
pastös auf; aber etwas YVahres Wird doch wohl an der Sache sein.
Uebrigens entschuldigt er sich in Brief 150, er sei bei Abfassung
jenes Schreibens gefährlich krank gewesen und habe sich darum un-
gebührlich scharf ausgedrückt.
Die Dichter schildern uns in der Regel nur die grossen Staats-
und Gala-Gastereien, wie solche von den Fürsten bei Gelegenheit
hoher Fest- und Feiertage veranstaltet wurden. An diesen Festtagen
hielt der Fürst mit Vorliebe Hof (curiam habuit), versammelte seine
Getreuen, seine Lehnsleute um sich, die Angelegenheiten des Reiches
zu ordnen, Gesetze zu geben, Streitigkeiten zu schlichten und in
letzter Instanz schwebende Processe zu entscheiden. In allen Ge-
schichtsüberlieferungen ünden sich solche Hoftage in grösster Anzahl
erwähnt. Besonders zu Weihnachten, zu Ostern oder zu Pfingsten
de vin cuit.
de vin euit.
1) Percev. 3106: Et boueel plain
Si puissä-je boire demie Ne de more ne
Rom.
du Renart
28510: