Einleitung.
einstiger Tüchtigkeit. Eitelkeit und Prunksucht ist an die Stelle der
ehemaligen Schlichtheit und Anspruchslosigkeit getreten; Genusssucht,
Sittenlosigkeit haben die väterliche Sittenstrenge und Enthaltsamkeit
ersetzt, aber damit ist auch das Verständniss, das Bedürfniss für alles
das erwachsen, was das Leben verschönern kann; erst gerade dadurch
sind
sie
für
die
Reize
der
Kunst
empfänglich
geworden.
Man empündet nun die Nothwencligläeit, auch den Verkehr im
geselligen Kreise nach schöneren, ansprechencleren Formen zu regeln;
es wird für das Mittelalter zuerst (ler Versuch gemacht, feinere Um-
gangsformen einzuführen. Frankreich ist es, wo zuerst dieselben ent-
stehen, und von Frankreich nehmen die andren Culturvölker [Jereitwillig
diese verfeinerten Sitten
Schon
damals hat sich
dieser
Frankreich, in
Hinsicht wenigstens, eine Maehtstellung erworben, die es mit kurzen
Unterbrechungen bis auf unsre Zeit zu behaupten gewusst hat. Wie
unsre deutschen Dichter die Stoffe und Vorbilder ilnrer- Poesien den
Bäranzosen
entlehnen,
wie
der
französische
Baustil ,
den
wir
als
den
gothischen zu bezeichnen pflegen, in ganz Deutschland, bald in der
gesammten katholischen Welt Eingang findet, wie schon damals die
französische Sprache überall von den Gebildeten gesprochen oder
wenigstens verstanden wurde, eine Menge französischer Ausdrücke für
die Bedürfnisse des Comforts zumal in unsre Sprache überging, so
IIIUSS
ein
Kleid
nach
französischer
Mode
geschnitten,
ein
Diner
nadh
französischem Muster arrangirt, so das ganze Leben der Hofkreise
nach französischer Art geregelt und geordnet sein 1). Aber diese feinere
höiische Sitte ist noch nicht recht in Fleisch und Blut übergegangen;
gelegentlich, zumal wenn die
alte Rohheit immer wieder
Leidenschaft im
zum Vorschein.
Spiel ist, kommt die
Cultur und Natur-
Wüchsigkeit kämpfen mit einander; zumal in den ersten Decennien
des dreizehnten Jahrhunderts scheint der Sieg der Cultur gewiss.
Aber schon damals klagen die Dichter über den Verfall der Sitten,
1) Ülr. v. d. Türl. Wilh. d. h. p. 123: Nach der franzoysir Zucht gebaren;
p. 146: Nu kunde er franzoysir site An Zucht und an 861MB W01; P- 1491 DQher
lag uf den matyaz Und vor ir geblulnit saz, Nach fmnzoysir sit doch nlcht: Mmne
het beidenthalp hi phlicht.