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Wichtigkeit der
Siegelbilder.
kann: die Siegel. Sind dieselben auch nicht streng gleichzeitig mit
der Urkunde, zu deren Beglaubigung sie gebraucht werden, so sind
sie doch für die siegelnde Person bestimmt angefertigt, und die C0-
stüme, die wir auf den Personensiegeln antreifeii, sind als unbedingt
für die bestimmte Zeit beweisend anzusehen. Die Siegelbilder sind
meines Erachtens für die Costümgeschichte von hervorragender Be-
deutung; die verhältnissmässig grosse Anzahl der erhaltenen Sigille
wird auch über manche Schwierigkeit hinweghelfen, die der ebenfalls
nur geringe Massstab der Darstellung immer noch bereitet. Aber
durch Vergleichung vieler Siegel wird sich manches noch aufklären
lassen; man wird feststellen, nicht allein wann neue Kleiderforinen
auftreten, sondern auch deren räumliche Verbreitung verfolgen können.
Leider stand mir ein so geringes Material zu Gebote, dass ich wenig
Nutzen erzielen konnte, aber meines Dafürhaltens kann eine wissen-
schaftlich befriedigende Lösung der Cestümfragen des Mittelalters
allein auf diesem Wege erreicht werden.
Mancherlei wird trotzdem noch unklar bleiben. Ueber die Unter-
kleider der Damen werden uns auch die Siegel keinen Aufschluss
geben, da die Damen ja immer e11 grande toilette, nicht im Neglige
dargestellt werden. Zudem ändern sich ja mit dem Kleiderschnitt
auch die Ausdrücke für die Toilettenstücke und es fragt sich, 0b die
Dichter selbst so recht über die Unterschiede der mannigfachen von
ihnen erwähnten Kleidungsstücke im Klaren waren. Für ihre Zeit
genügte es, den Namen eines Gewandes zu nennen, dann wusste ein
jeder mehr oder weniger genau, um was es sich handelte, und sie
waren ausführlichen Beschreibungen dann überhoben. WVie wir aber
heute kaum mit voller Bestimmtheit alle die ihrer Zeit den Schneide-
rinnen und Modistinnen geläufigen Bezeichnungen für Toilettenstücke
definiren können, wenn wir nicht das Material, das uns Mode- und
Muster-Zeitungen liefern, zur Hand haben, so ist dies für die Zeit der
Minnesinger ganz ähnlich bestellt, nur dass uns da jene unerlässlichen
Rathgeber über die Geheimnisse der modischen Toilette völlig fehlen.
Und Wie wir schwerlich je über diese Flragen ganz ins Reine kommen
werden, so wird es auch meines Erachtens unmöglich sein, zu be-
stimmen, wie die Stoffe, von denen die Dichter uns erzählen, ziusge-
sehen, wie sie sich von einander unterschieden haben, welchem der
vorhandenen mittelalterlichen Gewebe sie entsprechen.
In den Beschreibungen, welche die Dichter von den prächtigen
Toiletten ihrer Helden und Heldinnen entwerfen, werden uns nämlich
die Namen von einer Menge zum Theil sehr kostbarer Stoffe ge-