Ueberhandnehmender
Kleiderluxus.
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Auch die Bauermädchen putzten sich auf das schönste heraus. Ich
habe bei Besprechung der Frauentrachten schon der Kleider der
Bäuerinnen gedacht und bemerke hier nur noch, dass dieselben beim
Tanze einen Spiegel an einer Schnur trugen, und dass diese Spiegel
oft in Elfenbeinschnitzwerk gefasst waren 1). Dem Schatze des Nit-
hart, der schönen Vriderün, hat ein Bauernbursche ihren Spiegel ent-
wendet, und darüber klagt der Dichter wiederholt in seinen Liedern.
Der Schürliz der Bauernfrauen soll eine mit Schafpelz gefütterte
Jacke gewesen sein 2).
S0 verbreitete sich der Kleiderluxus mehr und mehr, und schon
gegen Ende des zwölften Jahrhunderts klagt Gauiredus Vosiensis b)
über die unerhörte Prunksucht, die alle Stände gleichmässig ergriffen
hatte; die Kleider und das Pelzwerk sind um das Doppelte im Preise
gestiegen, aber der gemeinste Mann zieht sich besser an als früher
mächtige Barone. Die konnten freilich damals täglich grosse Gaste-
reien und Feste geben, an denen sich die Bürger erfreuten und die
Armen ihr Theil erhielten; heute suchen sie selbst heimathlos fremde
Gastfreundschaft
auf.
anders niht wan isenin gewant; 10: Die daheimc soltcn Ipilegen lauwcs mit dem
lafluoge, Die sach ich ze Wiene koufcn cursit (vdHagen: currit) unde platen;
LXXII, 3 (HMS. III, 236): Den isenbühel er uf sich bant, Zwene blechhantschuohe
streich er an die haut; XXXVI, 5 (ib. III, 217): Den hiubelhut den het er uf
gebunden.
1) Nith. XIV, 4 (ib. III, 200): Mezzel treib an einer snuor ein spiegelin; XCV,
9 (ib. III, 260): Ir spiegel, den Vriderune vornen an ir treit; XXIV, 11 (ib. III,
209): Er het ir ouch genomen in schimpf ein tokken wiegel, Daz hzet" si wol
verklaget: mer den Spiegel, Der was von helfenbeine, Ergmben wzeho und kleine;
12: Des Spiegels snuor diu kam dort her von Berne, Ez was ein wacher borte,
Oben an dem orte Stuont ein tier geworllt von rotem golde.
2) Der Taler II, 3 (HMS. II, 147): So hankte ich ir ein schürliz an.
3) Bouquet, Recueil XII, p. 450: Barones tempore larisco munifici lzurgi-
tores vilibus utebantur pannis adeo, ut Eustorgius episcopils {LßlllOVlCllllllS 1' 1137),
vicecomes Leinovicensis et vicecomes Coinbornensis incedendo zu-ietinis am vul-
pinis pellibus aliquoties uterentur: quas post illos mediocres cleferre erubescunt
Crines omnes arlolescentes, longa in ocreis vel czbligis rostra; ocreas olim pznuci
et nobiles, modo plures et plebei gestant. Comas raclebant barbasque longus 1m-
bebant, nunc eas rustici et garsones raclunt Et ne rusticorum vestium Imbi-
tus diversitate taedium incutiatur leetori, silentio tegatur. Verumtanlen panni vel
pelliciae nostrae in hoc tempore solito carius venduntur ime duplici pretio. Pre-
Ciosioribus, ut dictum est, vestibus utuntur lenones, quam olim inclyti barones;
qui tamen heroes, quorum parentes quotidiana celebrabant convivia, unde civibus
procedebat refectio plurima auf, pauperibus eleemosyna largissima: moclo assidui
hospites aliena. saepe vagi expetunt hospitia.