Erziehung
der
Knappen.
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kündigung so häufig wiederkehrende Geberde des Engels, der mit
erhgbener Rechten und Wie zum Segnen gefalteter Hand seine Rede
begleitet, galt damals für eine angemessene und schickliche Gesti-
culation; wir treffen dieselbe ja auch häufig auf Darstellungen
profaner Vorgänge, wo selbstverständlich an eine Segenspendung
nicht zu denken ist 1). Es schickte sich auch nicht, dass einer, zumal
ein junger Mann, höherstehenden Personen die Hand auf das Haupt
oder die Schulter legte 2). Dann musste er sich daran gewöhnen,
hübsch gerade und aufrecht zu gehen 3) und vor allem den Damen
jegliche Rücksicht zu erweisen. War er zu Ross und traf er eine
Dame, die zu Fuss ging, so musste erabsteigen 4); Wollte er an
sie heranreiten, so durfte er nur im gemessenen Schritt ihr nahen,
damit er sie nicht erschreckte 5). Wer so wenig auf sein Pferd achtet,
dass er seine Begleiterinnen mit Schmutz bespritzt, der beträgt sich
entschieden unpassendö); auch ziemt es ihm nicht, beim Reiten auf seine
Beine oftmals zu sehen 7); aber ganz unschicklicli ist es, wenn er in
Damengesellschaft ohne Unterhosen geht, da durch irgend einen Zufall
ja eine ärgerliche Entblössung veranlasst Werden kann S).
Diese Zeit der Dienstbarkeit nahm ein Ende, wenn der Knappe
zum Ritter gemacht wurde. Sein Herr oder der Landesfürst belohnte
so treue Dienste, mannhaftes Benehmen vor dem Feinde und wohl-
erworbene Tüchtigkeit. Bei grossen Festen, Hochzeiten 9) oder Taufen
fürstlicher Personen, vor oder nach der Schlacht 10) oder an den Tagen,
1) V. d. Hagen, Bildersaal, Taf. XVI. XXX. XXXVI. XLV, 2.
2) Welh. Gast 447: SWGT der zuht wol geloubet, Der sol setzn üf niemens
houbet Sin hant, der tiuwerr si dan er, Noch üf sin ahsel, daz ist er.
3) Troj. 3062: Der üz erwelte jungelinc Gie mit hovelicher state. Üfreht
alsam ein sumerlate Was sin lip ze mazen lanc.
4) Welh. Gast 419: Wizzet, daz ez ouch übel stet, Rit ein ritr dä. ein
vrouwe get.
5) Welh. Gast 425: Ein riter sol niht vrevelich Zuo vrouwen riten; sicher-
lich Ein vrouwe erschraht hat dicke getan Den sprunc der bezzer waer verlan.
6) Welh. Gast 429: Swer sinem rosse daz verhenget Daz er eine vrouwen
besprenget, Ich wwne W01, daz sin wip Ouch ane meisterschaft belip.
7) Welh. Gast 433: Zuht wert den ritern alln gemein, Daz si niht dicke
sehowen ir bein Swenne si ritent.
S) Welh. Gast 457: Ein riter sol niht vor vrouwen gen Parschinc, als ichz
kan versten.
9) Als Albrecht von Oesterreich seine Tochter Anna mit Hermann von Bran-
denburg verheirathet, werden 50 Knappen zu Rittern gemacht, Ott. v. Steier
DOXXXVTII.
10) Adolf von Nassau macht vor der Schlacht von Gelheim 100 Knappen zu
Rittern, Braunschw. Reimchr. 8478: Her machete, als ich horte, Vil knaphen rit-
ter vor dem strite. Lod. van Velthem 1. III, c. 4: Ende doe daer sende den