Hofe.
Zucht am
Leibesübungen.
133
Am Hofe beginnt nun die Zeit des ernsten Lernens. Mochte der
Knabe noch so gut daheim erzogen worden sein, hier kam er in eine
ganz andere strengere Zucht. Gewöhnlich wurde er der Obhut eines
älteren erprobten Ritters anvertraut, der seine weitere Ausbildung
überwachte 1), Die Waifenübungen wurden natürlich fortgesetzt; mit
den zahlreichen Kameraden, die sich am Hofe zusammenfanden, wurden
Waifenspiele veranstaltet 2) und so die Leibeskraft und Gewandtheit
gemehrt und vervollkommnet.
Eine genaue Schilderung von den Leibesübungen der heranwach-
senden Londoner Jugend hat uns William F itzstephen (Vita Sancti
Thomae auctore Willelmo lilio Stephani ed. Giles p. 178 ff.) überliefert:
.,Ausserdem, um mit den Spielen der Knaben von London anzufangen,
denn wir alle sind ja Knaben gewesen, bringt zur Fastnachtszeit jeg-
licher Schulknabe seinem Lehrer einen Kampfhahn, und der ganze
Vormittag vergeht, indem die Knaben in den Schulen den Kämpfen
ihrer Hähne zusehen. Nach Tische (prandium) zieht die gesammte
städtische Jugend nach einem Platze vor der Stadt zu dem berühmten
Ballspiele. Die Schüler der einzelnen Anstalten haben ihre Balle für
sich; jeder der Handwerker (singulorum ofliciorum urbis exercitores)
hat meist ebenfalls seinen eigenen. Die Aelteren, die Väter, die Reichen
aus der Stadt kommen zu Pferde, die Spiele der Jungen zu sehen,
und werden in ihrer Weise jung mit den Jünglingen, und es scheint
in ihnen die Bewegung der natürlichen Wärme wieder erregt zu wer-
den. wenn sie so viel Bewegung schauen und an den Freuden der
ungebundeneren Jugend theilnehmen. An einzelnen Sonntagen in
der Fastenzeit zieht nach Tische „der Jugend frische Schaar" zum
Felde hinaus auf Streitrossen, auf im Kampf erprobten Rossen, deren
jedes „wohl dressirt und gelehrt im Kreise gewandt sich zu drehen".
Schaarenweise brechen aus den Thoren hervor die nicht für das „ geist-
liche Studium" bestimmten Söhne der Bürger, ausgerüstet mit Lanzen
und ritterlichen Schilden: die Jüngeren führen mit Lanzen, denen die
Eisenspitze fehlt und die oben gegabelt sind, ein Kriegsschauspiel
auf; sie liefern spielend Feldschlachten und üben sich in ritterlicher
1) Als Wigalois an den Hof des Artus kommt (p. 45, 17): Her Gäwein under-
Want sich sä, Des knaben mit siner läre; Des gewan er frum und äre.
2) Willeh, 187, 9; Zwischen dem laalase und der linden, Daz man sacll von
edelen kinden Mit scheftn üf Schilde tjostieren, Dort sich zweien, hie sich vieren,
Hie mit poynder riten, Dort mit püschen striten. WVolü. Titur. 86; Swenne
runder junchärren üf velden unde in strömen Punierten unde rungen,