Volltext: Das höfische Leben zur Zeit der Minnesinger (Bd. 1)

Vorrede. 
VII 
dass die Denkmäler der Privatkunst jener Zeit bisher noch gar nicht 
erforscht worden sind. Die Monumente der kirchlichen Kunst sind 
fast ausschliesslich der Gegenstand der gelehrten Forschung gewesen; 
der Ursprung und die weitere Entwickelung des Kirchenbaues, die 
Bedeutung und Bestimmung der kirchlichen Gerathe, der priesterlichen 
Ornate haben schon seit langer Zeit die Aufmerksamkeit der Gelehrten 
gefesselt; die schöne Form der Gebäude und der Werke der kirchlichen 
Kleinkunst haben die Beachtung der Kunstfreunde, der Kunstforscher 
angezogen, und längst hat man mit Eifer die Archäologie, die Kunst- 
geschichte der kirchlichen Denkmäler studirt. Die Kirche, zumal die 
katholische, kam diesen Untersuchungen mit lebhaftem, wohlwollendem 
Interesse entgegen; die Menge der Denkmäler, die aller Orten erhalten 
sind, erleichterte die Aufgabe, so dass man unschwer zu befriedigenden 
Resultaten gelangte. Mag auch hier und da noch etwas hinzuzufügen, 
etwas zu berichtigen sein: im Grossen und Ganzen hat die Archäologie 
der kirchlichen Kunst ihre Aufgabe gelöst. Wer aber hat Theilnahme 
für die Werke der Profankunst? Ihre Denkmäler sind zum grössten 
Theile auf immer, rettungslos verloren; die alten Schlösser sind uns 
im besten Falle noch als Ruinen erhalten; Bürgerhäuser des frühen 
Mittelalters finden wir nur Wenige, und auch diese wenigen drohen 
zumal in lebendigen Städten gar bald zu verschwinden, modernen 
Nutzhäusern Platz zu machen. Die kirchlichen Denkmäler hat der 
Staat unter seinen mächtigen Schutz genommen, der Zerstörung der 
Privatgebäude Einhalt zu thun ist er in den wenigsten Fällen im 
Stande. Alle die kunstreichen, läostbairen Geräthe, an denen besonders 
die Fürstenschlösser so reich waren, sind zu Grunde gegangen; je 
werthvoller sie waren, desto eher. Wenige Stücke sind uns hie und 
da in Kirchenschätzen und in Museen erhalten, zumeist gar nicht 
einer Bekanntmachung gewürdigt worden. Man wusste nicht recht, 
was sie zu bedeuten hatten, was man mit ihnen anfangen sollte. 
Kleider, Stoffe, alles das ist auf immer verloren. Es ist deshalb 
nicht so leicht, sich eine Vorstellung von den Denkmälern der 
Profankunst des Mittelalters zu machen; allein wenn dies auch eine 
jedenfalls mühevolle Arbeit erfordert, deshalb darf es doch nicht 
unversucht bleiben. Nehmen wir das wenige, was uns noch erhalten 
geblieben ist; suchen wir auf, was an Abbildungen noch übrig, und 
sammeln wir, was uns von den gleichzeitigen Autoren, Dichtern wie
	        
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