Volltext: Das höfische Leben zur Zeit der Minnesinger (Bd. 1)

Dopp elkapellen. 
Autonmten. 
für die Burgherrschaft, und da, schon weilgewöhnlich nur ein Burg- 
pfafte vorhanden war, aber auch, selbst wenn mehrere Priester zur 
Verfügung standen, wohl kaum zu gleicher Zeit in beiden Kapellen 
Messe gelesen wurde, so störte es durchaus nicht, falls in der That 
auch diese Oeffnung unbedeckt war. Die (lontroverse über die Bedeu- 
tung der Doppelkapellen lasst sich also meines Erachtens so ent- 
scheiden: in der unteren Kapelle werden die Exequien gefeiert, die dem 
Todten weniger nahestehenden Leidtragenden schauen von oben zu; 
findet kein Trauer-gottesdienst statt, so wird getrennt in der oberen 
wie in der unteren Kapelle die Messe gelesen; die obere Kapelle ist 
dann als die schönere für die Herrschaft bestimmt. 
Wiederholt werden in den Beschreibungen der Schlösser Kunst- 
werke erwähnt, die ich zunächst für Schöpfungen der dichterischen 
Plnrntasie ansah und nicht beachtete; als ich später einsah, dass auch 
diese Musikwerke wohl nicht bloss ersonnen, sondern nach thatsachlich 
xiorhandenen Denkmälern beschrieben waren, konnte ich die betref- 
fenden Stellen nicht mehr aufiinrlen und bin deshalb nur im Stande, 
zwei derselben hier anzuführen. Im Alexanderliede beschreibt der 
Pfaffe Lzimprecht den Palast der Canda-cis und fahrt dann (5850-5878) 
fort: „Mitten im Palas war ein Thier gearbeitet, das war ganz von 
rothem Golde, einem Hirsche gleich; vorn an seinem Haupte hatte 
es tibllSßlld Hörner und auf jedem Horne sass ein herrlicher Vogel. 
Auf dem Thiere sass ein Mann, der führte zwei Hunde und hatte ein 
Horn an den Mund gesetzt. Unten am Gewölbe lagen vierundzwanzig 
Blasebälge; zu jedem der Balge gingen zwölf kräftige Männer, und 
wenn diese die Bälge in Bewegung setzten, so sangen die Vögel schön, 
der Mann blies in sein Horn, die Hunde bellten und das wunderbare 
Thier brüllte wie ein Panther. " Ein anderes ähnliches Kunstwerk" 
erwähnt Konrad von Würzburg im Trojanerkriege (17562-17609). 
Vor dem Palas des Priamus steht da ein Baum, dessen Wurzeln und 
Stamm aus Silber, dessen Aeste aus Gold, dessen Blätter aus Smaragden 
und Rubinen gearbeitet sind. Auf den Aesten, die bei jeder Berührung 
schön erklingen, sitzen Vögel, weiss, braun, gelb, roth, grün und blau, 
aus Steinen gearbeitet, die Sommer und Winter singen. Unter dem 
Baume können wohl dreihundert Ritter sitzen und wenn Priamus sich 
recht erfreuen will, geht er unter den Baum und setzt sich da mit 
seinen Rittern auf ein Gestühl aus Elfenbein. Auch hier haben wir 
ein so künstliches Musikwerk vor uns, das jedenfalls auch nach Art 
einer Orgel durch Blasebillge gespielt wurde. Dass wir es hier und 
auch an den vielen anderen nicht angeführten Stellen mit wirklich
	        
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