Abtritte.
angeführte Stelle gerade darzutliun, dass solche Bequemlichkeit über-
haupt unbekannt war 1).
Viollet-Le-Duc (Arch. V1, 163) bespricht eingehend die Anlage
der Aborte in den Sohlossbauten. Für grössere Garnisonen wurden
besondereThürnie zur Aufnahme der Abtrittc bestimmt; die Senk-
gruben, gut ausgemaueit, sind so eingerichtet, dass man sie leicht
reinigen kann; grosse Rücksicht ist auf die Ventilation genommen.
Ein sehr instructives Beispiel bietet der Thurm des Schlosses Mar-
coussis. Füi' die Herrschaft waren die Appartements gewöhnlich in
kleinen Erkern angebracht, die äusserlich den Pechnasen oder Machi-
coulis ähnlich sind. Der Fussboden fehlte und die Excremente fielen
durch die steinerne Abtrittsbrille direct ins Freie, entweder einen
steilen Abhang hinunter in das Gebüsch oder in den fliessenden Burg-
graben. Viollet-Le-Duc theilt genaue Aufnahmen des einen Abtrittes
aus Schloss Landsberg im Elsass mit und eines anderen, der noch
mit einem Pissoir verbunden ist, aus Schloss Coucy. Diese offenen
Erker waren, so oft sie auch für diese Zwecke im späteren Mittelalter
angewendet wurden, doch recht unbequem. Nicht allein, dass der
luftige Sitz für Manchen üble Folgen nach sich ziehen konnte, man
versteht es auch heute kaum, dass man geflissentlich sich gewisse
Stellen des Burgterrziins oder des Grabens so verpestete. Zuweilen
wurde auch im Palast selbst eine Cloake angelegt. Im Erfurter
Schlosse befand sich dieselbe gerade unter dem Saale, und als Friedrich I.
1183 da einen Reichstag hielt und die Balken des Saales brachen,
stürzten eine Menge Leute in die Düngergrube; acht Fürsten (nach
Ann. S. Pauli Virdun. ad 1184 fünf Grafen), viele Edele und über
hundert Ritter fanden da ihren Tod. Merkwürdiger Weise verunglückte
kein Priester; der Kaiser sprang noch rechtzeitig zum Fenster hinaus
(Ann. Stadenses). Doch genug von dieser wenig anziehenden, wenn
auch nothwendigen baulichen Anlage, deren ich der Vollständigkeit
halber hier wenigstens Erwähnung thun wollte.
Ein Balcon (line) fand sich wohl nur in den Schlössern vor, die
jener oben geschilderten Loggia (loube, liewe) entbehrten, oder wenn
nach einer Seite des Gebäudes hin, die mit diesem offenen Bogengang
nicht versehen war, man einen Blick ins Freie, ein Plätzchen zum
Sitzen in der frischen Luft, gewinnen wollte. Im Ganzen wird von
1) Diu halbe bir (Gos. ab. I, 217) 219: Diz treip er unz üf eine naht.
(223) Dö quzun der vrouwen eine Gegangen alters eine Vür der kemenäten tür
Und wolte geme (151 vür Sich des Wazzers erlinzen. Cf. De Gombert et de (leux
clers (Mäon, Fahl. III, 241) 82 ff.