Volltext: Geschichte der liturgischen Gewänder des Mittelalters oder Entstehung und Entwicklung der kirchlichen Ornate und Paramente in Rücksicht auf Stoff, Gewebe, Farbe, Zeichnung, Schnitt und rituelle Bedeutung nachgewiesen und durch zahlreiche Abbildungen erläutert (Bd. 1)

ein Reh, einen Hirsch; auch Vögel sitzen zuweilen auf demselben 
oder kleinere Thiere; auf sie macht meistens ein Ilund, kenntlich 
am Ilalsbandc, das er immer trägt, oder ein anderes wildes Thicr 
einen Angriff. 
Unsere Sammlung könnte eine Menge solcher Stoffe vorwei- 
sen, wo dieselbe Darstellung in sinnreicher Variation immer wie- 
der verschieden vorgeführt wird. Verschiedene Beurtheilcr haben 
geglaubt, diese in Kirchenstoffen jener Zeit immer wiederkehrende 
Umzäunung bedeute den Garten der Kirche, wo der von innern 
und äussern Feinden bedrängte Christ, durch das aufgescheuchtc 
Reh versinnbildlicht, Schutz suche und finde. 
Dass ein Grundgedanke auf hundertfache Weise variirend, in 
diesen Geweben sich durehziehe, wollen wir in etwa zugeben; in- 
dessen halten wir es wenigstens für gewagt, eine speciellc subjcc- 
tive Deutung als die allein richtige einer einzelnen Zeichnung un- 
terlegen zu Wollen. 
Noch führen wir an, dass in den meisten Geweben der vor- 
liegenden Periode die Thierwelt dargestellt ist, wie sie sich 
gegenseitig bekämpft oder auch wie ein Vierfüssler, Hund, Löwe, 
etc. mit einem Bewohner der Luft, Adler, Geier, Rabe, Taube, 
etc. sich im Vernichtungskampfe befindet.  
Viele archäologische Schriftsteller der Heutzeit rechnen es sich 
zum Verdienste an, fast alle vorkommende Thier- und Pflanzen- 
ornamente des Mittelalters in gutes modernes Deutsch übersetzen 
zu können; wir unseres Theils wollen bei einer so schwierigen 
Aufgabe bescheidener verfahren und unsere individuelle Ansicht, 
ohne der Meinung Anderer zu nahe zu treten, dahin abgeben, 
dass, wenn man nun einmal diese Stoffe in Bezug auf ihre Thier-. 
Ornamente symbolisch deuten will, es den Anschein gewinnt, als 
ob durch die reissenden Thiere, die immer im Kampfe gegen ein- 
ander dargestellt werden, die Idee ausgesprochen werden soll: das 
Reich des Bösen ist in sich uneinig und gespalten?) es lehnt sich 
gegen das Gute auf, dem es gegen Willen dienstbar sein muss. 
Meistens findet man in diesen Zeugemwie eben bemerkt, einen Hund, 
der selten ohne Halsband und Kette dargestellt ist, oder sonst einen 
grössernVierfüsslemvie er mit einem Bewohner der Luft den Zweikampf 
eingeht. Wird der Hund als Repräsentant des Niedrigen, Thieri- 
Die Meinung eines befreundeten Archäologen, der da. glaubte, das oft phan- 
tastische grosse und kleine Ubestiaiium" auf den liturgischen Gewändern des 
Mittelalters stehe in Beziehung zu dem bekannten Sprüche des Psalms    
„Super dorsum meum fabricaverunt peccatores etenim non potuerunt mihi" 
wollen wir einfach als eine originelle Idee dahingestellt sein lassen.
	        
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