landes oder seiner jungfraulichen Mutter auszusehmüeken. Bei der
Glaubensinnigkeit der italiänisehen Nation im Mittelalter, bei der
religiösen Begeisterung, die sich auf Alles, erstreckte, was mit der
Person des Heilandes und seiner Heiligen in Beziehung stand,
findet man es erklärlich, dass auch die lrVeberei, wie die
übrigen Künste, in den Dienst der Religion trat, das Gebiet des
Pflanzenornamentes theilweise verliess und eine Zeit lang nicht nur
für kirchlichen, sondern auch profanen Gebrauch Darstellungen
religiöser Bilder in Seidenzeugen anwandte. Die Fabrication sol-
cher Stoffe mit Heiligenbildern, als immer Vviederzurückkellrendes
Ornament, durehwebt, fällt in Italien gerade mit jener interessan-
ten Kunstepoehe zusammen, wo auch mit Cimabue der byzanti-
nische Typus in der iNIalerci verschwindet und sich mit Giotto
und seinen Nachfolgern eine selbstständige nationale Malerschule,
mehr basirt auf Naturwahrheit und Individualität, geltend macht.-
Gleichwie in dem gerrnaniseh-frankischcn Stamme, im west-
lichen Deutschland und nördlichen Frankreich das construetive
Element sich der Architektur vorzugsweise zuwandte, so neigte
sich der Kunst-Genius des romanischen Stammes in Italien, bei
seiner Vorliebe für das decorative Element, der zeichnenden Kunst,
der Malerei, zu. 1) Dieser angeerbte, fast instinctrnässige Hang
des Italiäners zu vielfarbigen seenerirten Darstellungen bekundet,
sieh nicht nur in den vortrefflichen und zahlreichen Malereien des
Mittelalters in italiänischen Kirchen, Klöstern, Hospitälern, den
Öffentlichen Palästen und Rathhäusern, sondern auch in der Staffe-
lei- und Miniatur-Malerei, in der Elfenbeinschnitzkunst, im Me-
tallguss; ja, sogar die Weberei musste sich dieser Vorliebe der
Nation fügen, obschon für ihre Zwecke ein freies Püanzenornament
viel zußtändlgßf gewesen Wäre.
Wenn auch die früher an Kunstwebereicn so reichen Gewand-
sehränke (vestiaria) der vielen bischöflichen Kirchen Italienls e)
1) Ein Vergleich der majestätischen Kathcdralbeuten Frankreichs und Deutsch-
lands des XIII. Jahrhunderts mit denen Italiens zur selbigen Periode und
hinwiederurn ein näheres Eingehen an Ort und Stelle auf die artistischen
Productionen der Malerei und Sculptur diesseits und jenseits der Alpen
brachte uns die Ueberzeilgung bei, dass der germanisch-fränkische Stamm
im Constrlüren nach stetigen Gesetzen, in der Architektur die Romanen be-
deutend hinter sich gelaSßßß habe, dass hingegen der Italiäner in der Orna-
mentik, in der Malerei und in jenen Kleinküusteu, die eine schwungvolle poe-
mische Auffassung und eine manuelle fertige, oft minutiöse Behandlung in der
Ausführung erfordern, vor andern Nationen unbedingt den Sieg davon geti-a.
gen habe.
2) Die Reste alßkirchlicher Gewänder, welche die schon mit den Medieeem in
Italien beginnende modernisirende Renaissance der Kirche gelassen hatte, wur-