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weder der Urstoff des gedachten Fadens angeben, noch ein Nach-
weiss führen, mittels welchen Bindemittels auf dem zarten Riemen-
faden eine solche schöne und solide Vergoldung aufgetragen wer-
den konnte. Die Ansicht gewichtiger Stimmen sprach sich dahin
aus, dass die Substanz des Fadens kein animalisches, sondern ein
vegetabilisches Product sei. Man war der Meinung, diese Fladen,
welche auf der Kehrseite das Aussehen einer zarten Pfianzenrinde
bieten, rührten von einem faserreichen Gewächse her (etwa der
Papyrusstaude, dem Byssus? Diese feinen Pflanzenhäutchen
(Bast) waren im Oriente in grossen Quantitäten auf der einen
Seite vergoldet werden, und bis inls späte Mittelalter den oeeiden-
talischen Webereien als fertiges Goldgespinnst, als WVaare zuge-
kommen.
Im Vorhergehenden haben wir in gedrängten Zügen das
Entstehen der Seidemnanufactur im Occidente, auf Sicilien und im
maurischen Spanien nachzuweisen versucht; da nun aber durch
das rasche Emporblühen der Seitenindustrie, durch den betriebsa-
men Kunstfleiss der Normannen und Saracenen in Sicilien und der
Mauren im Königreiche Granada den seitherigen grossen Mono-
polisten von Seidenstoffen in Byzanz, Alexandrien, Antiochien,
Tyrus, Damascus, Bagdad, Jspahan etc. eine bedeutende Concur-
renz erwuchs, so wäre es hier wohl an der Zeit, nachzusehen, ob
auch mit der Entwickelung der Seidenmanufacturen im Occidente,
mit der erhöhten Productionskraft die Consumtion von Seidenstof-
fen im XII. und XIII. Jahrhunderte gleichen Schritt hielt.
Das Abendland hatte unaufhaltsam fast 200 Jahre hindurch
Schaaren jugendlich frischer Streiter in den Orient gesandt. Die-
selben gründeten nicht allein im h. Lande, nach gewaltigen An-
strengungen, vorübergehend kleinere Königreiche, sondern es ge-
lang den Lateinern auch, im Beginn des XIII. Jahrhunderts den
morschen Thron des oströmischen Reiches umzustürzen. Die
Sieger, welche nach Einnahme S0 Vieler blühenden Handelsstädte
in dem fast unermesslichen Besitze der Schätze des Qrientes sich
befanden, lernten jetzt Bedürfnisse kennen, deren Abgang sie
früher im Abendlande nicht verspürt hatten; sie gewannen den
Luxus, den Pomp und die Genusssucht der Besiegten lieb.
Was Wunder nun, wenn deutsche, französische und englische
Ritter diesen liebgewonnenen Hang nach Luxus und orientalischer
Ueppigkeit mit in die rauhere Heimath verpflanzten, zumal die
bis zum XV. Jahrhunderte seltener Brochirungen in Gold vorkommen, son-
dern zur Darstellung von Golddessins in der Regel der Goldfaden als Ein.
schlag der ganzen Breite der Kette entlang durchläuft.