um diese Zeit bei den Webereien von Byzanz noch immer Styl
war, grössere oder kleinere Scenerien aus dem Alten und Neuen
Testamente an, namentlich zu Stoffen, welche einem gottesdienst-
liehen Zwecke gewidmet wurden.
Einen in etwa verschiedenen Charakter trugen indessen jene Orna-
mente, die in den ersten Zeiten aus dem hötel de tiraz, dem
yvvutxaiov 1) der normannischen Könige, in Palermo hervorgingen.
Bei der Duldsamkeit Roger's und seiner Nachfolger gegen die
zahlreichen Bekenner des Islams auf Sicilien ist es erklärlich, dass
noch lange Zeit nach der Einführung griechischer Seidenwirker
Moslims als tüchtige und geschickte Arbeiter in dem ebengedach-
ten königlichen Webe-Institute beschäftigt wurden.
S0 führt uns der bekannte arabische Reisebeschreiber Ebn-
Djobaii- noch zur Zeit Wilhelnfs II. einen Moslirn als königlichen
Diener vor, Namens Yahya (Johann), welcher in der königlichen
Manufactur angestellt war, um die Kleider des Königs in Gold zu
sticken. 2)
Die Zeichnungen in diesen Geweben zeigen noch vollständig
den saracenischen Typus und unterscheiden sich nur wenig von
den übrigen, um diese Zeit in Arabien und an der Nordküste
Africaxfs unter muselmännischer Herrschaft angefertigten Stoifen.
Obgleich der Koran seinen Bekennern die bildliche Darstel-
lung lebender Wesen, wie schon vorhin bemerkt, und eben so
auch den Männern das Tragen von SeidenstoiTen verbot, 3) so
stand doch immer der strenggläubige Moslim gerechtfertigt vor
dem Gesetze da, indem er ja nicht für eigenen Gebrauch, sondern
für den Handel seine Seidenzeuge anfertigte.
Diese Stoffe, voll der wunderlichsten Thiergestalten (cum hi-
storiis bestiarium), wovon uns bereits im VIII. und IX. Jahr-
hunderte Anastasius so Vieles berichtet, fanden auch im XII.
und XIII. Jahrhunderte in tausendfältiger Modilication ihre Wie-
derholungen von muselmännischen Fabrieanten in Sicilien und
l) Es ist bekannt, dass kostbare Purpur- und Seidenstode, die sich die byzan-
tinischen Kaiser als Monopol reservirt hatten, nur allein in dem kaiserlichen
gyueceum durch Arbeiter angefertigt werden durften, die unter besondem Ge.
setzen standen. Vergl. Cod. Justen. lib. X, tin. VIII et IX, und Cod. Theo-
des. lib. X, tit. XX u. XXI.
2) Journal asiatique, quatrieme serie, tom. VII, Janvier 1846.
3) Um dem Ueberhandnehmen des Luxus vorzubeugen, drückt sich der Koran
scharf aus gegen den Gebrauch von Seidenstoden; so heisst es z. B.: "Wer
immer sich in diesem Leben in Seide kleidet, der wird sicherlich nicht im
künftigen Leben sich damit bekleiden"; und weiter: "Der sich nur einmal
in Seide kleidete, hat keinen Antheil am ewigen Leben."