Volltext: Geschichte der liturgischen Gewänder des Mittelalters oder Entstehung und Entwicklung der kirchlichen Ornate und Paramente in Rücksicht auf Stoff, Gewebe, Farbe, Zeichnung, Schnitt und rituelle Bedeutung nachgewiesen und durch zahlreiche Abbildungen erläutert (Bd. 1)

stoffe, Purpurgewänder i) und andere kostbare Gewebe. Dass in 
jener glaubenseifrigen Zeit des XI. und XII. Jahrhunderts, in 
welcher die Völker des Abendlandes eine grossartige Bauthätigkeit 
und eine Begeisterung für den Schmuck und die Zierde des Hau- 
ses Gottes ergriffen hatte, die meisten der von Byzanz und den 
übrigen vorbenannten Stapelplätzen des Orients kommenden Stoffe 
zu gottesdienstlichen Zwecken verwandt wurden, erhellt aus den 
reichen Inventarien jener Zeit, in welchen der „thesaurus indumen- 
torum" von bischöflichen und andern Kirchen näher verzeichnet 
steht. Diese liturgischen Prachtgewänder aber vermehrten sich 
noch um ein Bedeutendes, als die Kreuzfahrer zu Byzanz, dem 
Sitze der Seidenmanufactur, das Lateinerreich errichteten, und die 
Ritter, schwer beladen mit den Webereien des Orients, welche ih- 
nen bei dem Falle von Byzanz als Beute zugetheilt wurden, in 
die Heimath zurückkehrten. 
Nichtsdestoweniger blieben aber dennoch diese orientalischen 
Gewebe, welchen das Abendland eine so ergiebige Absatzquelle 
bot, das frühere Mittelalter hindurch in hohen Preisen.  
So erzählt uns Beda der Ehrwürdige, dass der h. Benedict, 
erster Abt von Wbarmouth, auf einer seiner Reisen nach Rom von 
dorther zwei Stücke Seidenstoff von unvergleichlich schöner Arbeit 
mitgebracht habe, und dass er sie dem König Egfrid abstand, der 
ihm dafür im Eintausch eine grosse Strecke Landes überwies. 2) 
Seit dem X. Jahrhunderte lagerten namentlich in Rom und 
Amalti massenweise die kostbarsten Gewebe des Orientes, die nicht 
selten zu enorm hohen Preisen von occidentalischen Bischöfen, die 
„ad limina sedis Apostolicae" kamen, zu Cultzwecken angekauft 
wurden. 
Alle diese edeln Stoffe, die von Bischöfen und Fürsten den 
Kirchen der Heimath als Geschenke aus der „ewigen Stadt" mit- 
gebracht zu werden pflegten, hielt man der Schönheit des Gewe- 
bes und des theuern Ankaufspreises wegen hoch in Ehren und 
bezeichnete man diese Zeuge, wie schon vorhin bemerkt, mit dem 
generellen Namen: etoffes d'outre mer.  
Vergl. Ottonis de St. Blasio Chronicon. Cap. XLIX. und G. de 
douin: Hist. de 1a. conquäte de Constant. eh. CXXXI. etc. 
Vita. St. Benedicti, abbat. Wiremuth. primi etc. lib. I, Nro. 9. 
Ville-Ilar-
	        
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