Der gelehrte Braunius aber in seinem „vestitus sacerdotum
Ilebraeorum" lib. I, cap. VIII, fülurt. schlagende Gründe an, die
es ausser Zweifel setzen, dass auf der Insel Coos nicht die Seiden-
zucht. betrieben wurde, sondern dass durch syrische Handelsleute
aus Indien die Puppen der Seidenwürmer (lanugines bombycum,
nach Plinius Assyria bombyx) nach Coos gebracht und dort zu
Fäden gesponnen und zu Seidengeweben benutzt wurden. Denn
hatte die Insel Coos bei Kleinasien die Zucht der Seidenwürmer
gekannt, so hittte im VII. Jahrhunderte der Kaiser Justinianus
beim Ausbruche des Perserkrieges nicht nöthig gehabt, der be-
kannten Sage bei Procopirls 1) gemäss, zwei verkleidete Mönche nach
dem weit entlegenen Indien, zu den Serern, zu senden, damit sie
in ihren ausgehöhlten Stöcken die Eier der Seidenraupe und mit
ihnen die Seidenzueht nach Europa überbringen sollten. Aus dem
(iresagten lässt sich mit ziemlicher Sicherheit folgern, dass bis zur
Zeit Justinian's die Zucht der Seidenwürmer und die Anfertigung
von Seidengeweben in Europa bei Griechen und Römern eine un-
bekannte Kunst War. 1)
l)ie von Kosmos, dem Mönche, mitgebrachten Eier der Sei-
denwürmer aus dem fernen Indien 3) waren die ersten Keime, aus
denen bald darauf in Byzanz, in Griechenland und namentlich im
Pelgponnes 4) ein Industriezweig sich entwickelte, dem Europa
heutzutage einen beträchtlichen Theil seines Rcichthums verdankt.
Mit Reßh; Sagt daher der bekannte Gesehichtschreiber Caesar Cautu,
dass Justinian mit der Cultivirung der Maulbeerpflanzungen einen
Culturzweig "eingeführt habe, der wichtiger und einflussreicher
war, als seine Eroberungen und seine Gesetze. Allerdings war
man durch diese aus dem Osten Asiens nach Europa erfolgte
Uebersiedelung der Seidenmantlfactur noch nicht mit einem hrIale
dem Tribute entronnen, den man Jahrhunderte hindurch den Per-
sern, Assyrern und Indiern für Lieferung der Rohseide und der
gewebten Seidenzeuge hatte erlegen müssen. Ohne Zweifel be-
mischen Provinz Carien gegenüber. Die Frauen 1
Alterthnlne wegen Anfertigung serischer Stoffe seiiirbdiiähintfjouäeivdrelirlin]
lib. XI, cap. XXII, und Aristot. lib. V, de animal. cap. XIX. g m.
i) Procopius de hello persico.
2) Procopills belehrt uns auch in seinem Werke "de, bello vandalieog. H)
cap. VI, nachdem er eben angeführt hat, dass die Vandalen äusse l I.
Süchtige Menschen seien, sie trügen medische Gewänder die TSY Pmnk-
rischc nenne. ' man Jet" S3"
3) Proeop. de bello Got. lib. IV, 7.
4) Derselbe soll von den vielen und rossen _
gen (Morus) den Namen Morea erhaigten habgarfhgcn um Maulbeerpüanzun-