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aus demselben Stoffe angefertigt wurde, aus welchem auch
die Albe und der Gürtel in frühchristlicher Zeit bestand. Es
dürfte schwer halten, auf authentische Documente gestützt, den
Nachweis zu führen, dass schon im apostolischen Zeitalter unter
den liturgisch in Gebrauch genommenen römischen Gewändern
auch der "amictus" als bedeckendes Hals- und Schultergewand
in der Gestaltung und Anlegungsweise sich vorgefunden habe,
wie das seit den Tagen der Carolinger der Fall war. Weder
bei altern Schriftstellern aus den ersten christlichen Jahrhunder-
ten, noch in bildlichen Darstellungen aus dieser Epoche ündet
man Anhaltspunkte, die für den Gebrauch dieses Gewandstückes
bei der Entstehung der Kirche Belege abgeben könnten. Und
dennoch lässt es sich nicht füglich annehmen, dass, bei der de-
centen Bekleidung, die bei der Feier des eucharistischen Opfers
die ersten Priester und Vorsteher der Kirche umgab, in Folge
des tiefen Ausschnittes der "paenula", der Hals der Presbyter
und Diakonen nackt und unbekleidet geblieben sein sollte. Erst
in dem liber originum XIX. cap. 25 des oft genannten Kirchen-
lehrers Isidor geschieht des vamictolum" Erwähnung, das damals
noch als Halsbedeckung ein profanes Gewandstück gewesen zu
sein scheint. Was das WVort "amictus" selbst betriHt, so wird
dadurch nicht so sehr ein Schulter- und Halsgewand bezeichnet,
sondern in der h. Schrift und im Alterthume bezeichnet die-
ser Ausdruck irgend ein Gewandstück, womit man sich be-
kleidet. Dasselbe, was der lateinische Terminus "amictus" be-
zeichnet, drückt auch das griechische "anabole" aus, nämlich ein
Gewand, das als Hülle, Umwurf getragen wird. Aus dem „ana-
bole" stammt auch die Bezeichnung "anaboladium", 1) „anabola-
gium", welche Bezeichnung bei altern Schriftstellern gleichbedeu-
tend mit dem kirchlichen Schultergewand gefunden wird. Gleich-
wie über die Gestalt und den Stoff des Schultertuches in der
frühchristlichen Zeit, bei dem Fehlen der nöthigen Anhaltspunkte,
nichts Bestimmtes festgestellt werden kann, so dürfte es auch
schwer halten, zu bestimmen, ob in der frühchristlichen Zeit von
allen liturgischen Gewandstticken der den Hals verhüllende „amic-
tus" zuerst, oder als drittes Gewandstück nach Anlegung der
Albe und des Cingulums getragen wurde, wie das letztere nach
ambrosianischem Ritus heute noch üblich ist. Erst nach Ablauf
des VIII. Jahrhunderts werden bei den liturgischen Schriftstellern
Isidor lib. XIX.
mm, quo humeri
Orig. cap. 25.
operiuntur."
„ anaboladium
lincum
amictorium-
foemina-