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natstück geworden, das in der Regel von derselben materiellen
Beschaffenheit und Farbe der Stole und des Messgewandes, als
schmaler Bandstreifen, in der Breite von 3-4 Finger, an dem linken
Arme eingeschoben wurde. Wir werden später sehen, welche
kunstreiche Ausstattung die Manipel seit dem XI. Jahrhundert
erfuhr und Welche Kleriker in der kirchlichen Hierarchie dieses
Ornatstück als Reminiseenz an das ältere, aus dem Orient stam-
mende „sudarium" zu tragen das Recht haben.
Die Albe (alba, camisia), der Gürtel (cingulum, zona) und. das
Schultertuch (humerale, amictus) in den ersten christlichen
Jahrhunderten.
Vor der Bekleidung mit den im Vorhergehenden besproche-
nen frühchristlichen Gewändern legten zuerst die Vorsteher und
Priester der Kirche die Untergevvränder an, die in der Ueberschrift
aufgezählt sind. Es entsteht hier nun die Frage, die uns zunächst
zur Beantwortung vorliegt: reichen diese drei priesterlichen Ge-
Wandstücke und ihr Gebrauch bis in's apostolische Zeitalter hin-
auf und sind die verwandten Analogien derselben bereits in den
Profangewändern der vorchristlichen Zeit anzutreffen? Bezüg-
lich der Albe, als eines langen leinenen Untergewandes in weisser
Farbe, und ihres Gebrauches im hohen Alterthume bemerken
wir hier Folgendes. Schon bei den Gewändern der Opferpriester
des ägyptischen Gottes Isis erscheint zuerst der Gebrauch von
langen weissen Gewändern aus feinen Leinenstoffen. Daher auch
bei ältern Dichtern die Ausdrücke: „linigera turba", „liniger
grex". Da die für den Mosaischen Opfercult gesetzlich festgestell-
ten Gewänder, wie an einer frühern Stelle schon bemerkt, viel-
fache Verwandtschaft mit der Bekleidung ägyptischer Priester
zeigten, so dürfte mit Grund angenommen werden, dass das weisse
Untergewand von Byssus, das die Priester und Hohenpriester
im alten Bunde zu tragen gehalten waren, in Bezug auf Stoß,
Farbe und Schnitt viele Aehnlichkeit mit dem leinenen Unterge-
wande ägyptischer Priester gehabt habe. Octavius Ferrarius
führt in seinem oft citirten Werke über die Bekleidungsstücke
weiter aus, dass schon vor der römischen Kaiserzeit, in den Tagen
der Republik, eine weiss leinene Tunica als langes, faltenreiches
Gewand, das mit der "poderis" der Priester im Jehovadienste
Aehnlichkeit hatte, in Gebrauch gewesen sei. Nachdem es in
Rom in der spätem Periode der Kaiser gebräuchlich wurde, na-