Volltext: Geschichte der liturgischen Gewänder des Mittelalters oder Entstehung und Entwicklung der kirchlichen Ornate und Paramente in Rücksicht auf Stoff, Gewebe, Farbe, Zeichnung, Schnitt und rituelle Bedeutung nachgewiesen und durch zahlreiche Abbildungen erläutert (Bd. 1)

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frühchristlicher Zeit, ähnlich wie das auch heute noch der Fall 
ist, gestattet war, und dass der Presbyter in anderer Weise die 
Stole zur Auszeichnung trägt, als das nach liturgischer Vorschrift 
die Diakonen thun dürfen. Wie das in der vorcarolingischen 
Zeitepoehe der Fall war, waren die Priester gehalten, die Stole 
so zu tragen, dass die beiden Bandstreifen derselben in Form 
eines Kreuzes über die Brust gelegt und durch den Gürtel be- 
festigt wurden, wohingegen der Diakon die Stole auf der linken 
Schulter anlegte und die beiden Streifen derselben so unter dem 
rechten Arme verbunden wurden, dass dieselben an der linken 
Seite bis zu den Füssen herunter hingen. Diese Anlegung der 
Stole kreuzweise über die Brust und von der linken Schulter 
zur rechten Seite hin konnte nur dann erst füglich vorgenom- 
men werden, als im VI. Jahrhundert die ältere Form der 
Stole geändert worden War und von dem frühern faltenrei- 
chen Obergewande nur noch die beiden ornamentalen Band- 
streifen übrig blieben. Noch sei hier in Betreff der frühchrist- 
lichen Stole hinzugefügt, dass es uns scheinen will, als wäre auch 
zu der Zeit, WO, wie oben angedeutet, die altchristliche Stole in ihrer 
Form bedeutend modiiicirt wurde, eine andere Benennung neben der 
frühern Bezeichnung Hstola" allmahlig in Aufnahme gekommen. 
Es finden sich nämlich seit dem VI. Jahrhundert, mehr aber noch 
vom VIII.-X. Jahrhundert neben der Bezeichnung "stola" für 
dasselbe liturgische Gewandstüek die Benennung „orarium". S0 
benennt das erste bracarensische Concil vom Jahr 563, Cap. 27 
und auch das dritte Concil daselbst die Stole immer „orarium". 
Dieser Name findet sich auch auf dem Concil zu Mainz unter 
Leo IIL, Cap. 28. Auch der alte Ordo Romanus nennt es so. 
Desgleichen findet sich dieser Name vor in der "Gamma animae" 
des Honorius. Auch die betreffenden liturgischen Schriften des 
Rabanus hlaurus und des Alcuin setzen den Ausdruck norarium" 
gleichbedeutend mit „stola." 1) "Was verstand man nun in der 
klassisch-römischen Zeit unter dem Terminus norarium"? Sowohl 
bei heidnischen als auch bei christlichen Schriftstellern des apo- 
stolischen Zeitalters bezeichnete man mit dem eben gedachten 
Ausdrucke ein kleines, längliches Tuch, um das Gesicht damit 
abzuwaschen, und ist dieses Tuch gleichbedeutend mit "sudarium", 
"strophiurn", „linteolum". Solcher Orarien, schmaler Bandstrei- 
fen von Leinen und Byssusstoffen, bedienten sich auch, wie das 
aus altern Martyrologien ersichtlich ist, häufig die ersten Christen, 
1) Alcuinas de div. 
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nsequitur orarium, 
stola. " 
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