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stimmt in seiner Einfachheit und seinem weiten Umfange vollkom-
men mit jenen glockenförmigen Messgewändern überein, wie sie
vom VIIL-XII. Jahrhundert kirchlich in Gebrauch waren und
wovon sich ausser einzelnen authentischen Originalen auch auf altern
Miniaturbildern und Wandmalereien der besagten Epoche noch
zahlreiche Abbildungen erhalten haben. Vorliegende allgemeinere
Andeutungen über Ursprung, Form und nähere Beschaffenheit
der frühchristlichen Messgewänder, die der Grieche "(pülllälljgu
oder "rpazlöung", der Lateiner aber, dem Vorhergesagten zufolge,
„paenula" oder "planeta" nannte, mögen hier als Nachweis über den
Ursprung der gottesdienstlichen Gewänder in den ersten christlichen
Jahrhunderten genügen. Das Fehlende soll ergänzt werden in der
folgenden IV. Lieferung dieses Werkes, das ausführlicher die Form,
den Schnitt und die stoffliche Beschaffenheit der verschiedenen
bischöflichen Pontificalgewänder behandeln wird, wie sich diesel-
ben seit der carolingischen Kunstepoche bis in die Spätzeit des
Mittelalters gestaltet haben.
Die
Stole
(orarium) in frühehristlicher Zeit, desgleichen
Manipel (mappula, sudarium, fanon).
die
Als Beweisgrund, dass, wie im vorhergehenden Abschnitte
angedeutet wurde, die liturgischen Gewänder im apostolischen
Zeitalter, ihrer äussern Form und Beschaffenheit nach, den edelern
Profangewändern der damaligen Zeit entlehnt wurden, verdient
hier nachträglich noch hervorgehoben zu werden, dass bei den
gottesdienstlichen Gewändern der frühchristlichen Zeit die Be-
nennungen derselben vollkommen identisch geblieben sind mit den
Namen, die zur selben Zeit die analog gestalteten Profangewänder
führte. Gleichwie die ßpaenula", wie im Vorhergehenden gezeigt
wurde, in den ersten christlichen Jahrhunderten zum gottesdienst-
liehen Gebrauche erhoben und der Name derselben unverändert
beibehalten wurde, indem ja auch der Schnitt des Gewandes
durch seine Erhebung zu gottesdienstlichen Zwecken nicht verän-
dert worden war, so wurde auch ein anderes Ehrengewand, die
"Stola" der römischen Matronen als gottesdienstlicher Ornat bei der
Feier der h. Geheimnisse der Christen in Gebrauch genommen,
ohne dass man sich veranlasst sah, den Namen desselben zu ändern,
indem seine bisher gebräuchliche Form unverändert beibehalten
wurde. Dass die Stole in dem klassisch-römischen Zeitalter vor.
zugsweise ein auszeichnendes Matronengewand war, welches aber
Liturgische Gewänder. ä 29