429
Bezeichnung desselben mit dem Ausdrucke "paenula", der nach
dem aliltymologicum magnum" herzuleiten ist von dem griechi;
sehen Worte sflßasvölryg". 1) Dem Suidas und Andern zufolge
bezeichnet dieses Wort ein Kleidungsstück, das man im Alter-
thume zu tragen pflegte. Die meisten Liturgiker der letzten Jahr-
hunderte haben unter der Bezeichnung "paenulaf", gleichbedeutend
mit "casula, planeta", jenes ehrwürdige faltenreiche" Obergewand
zu finden geglaubt, das schon in dem apostolischen Zeitalter bei
der Feier des geheimnissvollen Opfers gebraucht worden sein
soll. Es stellen sich hier nun die nicht leicht zu lösenden Fragen
entgegen: ist" wirklich das frühchristliche Messgewand seiner
äussern Form und Beschaifenheit nach von der griechischen nach
Rom übertragenen "paenula" herzuleiten und ist bereits im ersten
christlichenJahrhundert diese „paenulaf' liturgisch in Gebrauch
gewesen?
Namhafte Schriftsteller und unter diesen Ferrariusf) Bulen-
gerusß) Rubenius f) vertreten in ihren betreffenden Schriften dem
Gretserus gegenüber die Ansicht, dass die „paenula" schon in
der frühesten christlichen Zeitrechnung zu den Gewändern gehört
habe, deren sich die Vorsteher und Priester der Kirche bei Dar-
bringung des hochheiligen Opfers bedient hätten. In Ueberein-
stimmun mit dem eben Gesavten sind mehrere ältere Litur iker
{g e g
der Anslcht, dass die "paenula", die der Apostel Paulus zu Troas
im Hause des Carpus zurückgelassen habe, 5) ebenfalls ein Opfer-
gewand gewesen sei, dessen sich der Apostel bei der Feier der h.
Geheimnisse bedient hatte. Ü) Ob diese berühmte und vielbe-
sprochene „paenula" des Apostels ein Opfergewand, wie Viele es
wollen, gewesen sei, oder nach Ansicht Anderer eine Lade,
"theca", um Bücher dann aufzuheben, oder ein "Volumen" 7) mag
i) Bart. Bartholini gibt in seinem gelehrten Commentar „de paenula,", Haf-
niae 1670, pag. 2 an, dass durch Umsetzung der Buchstaben gleichbe-
deutend mit dem Terminus xpatvöby; die Schreibweise zpsurilryg, qislöuq; und
(papluizlrj; entstanden sei. Dass das Wort und das Gewand selbst aus Griechen-
land stamme und nicht aus dem Lateinischen von "pene nulla" herzuleiten
und mit einem obscönen Gebrauche nicht in Verbindung zu setzen sei,
kann man ausführlicher aus dem eben gedachten Werke des B. Bartholini
entnehmen.
1) Ferrarius, de re vestiaria, lib. I. cap. 36 et sequent.
3) Bulengerus, lib de sacris vestib. cap. 20.
4) Lib. de re vestiaria, cap. 6.
a) Pauli epist. II. ad Timoth. cap. 4. v. 13. Die Stelle lautet wörtlich:
"Penulam, qnam reliqui Troade apud Carpum, veniens affer tecum et libros
maxime autem membranas."
6) Oard. Baronius, tom. I. Annales ad ann. 58. n. 67.
7) Andere gewichtige Erklärer der Paulinischen Briefe sind der Ansieht, diese