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Stelle liessen sich für unsere oben ausgesprochene Ansieht
günstige Folgerungen herleiten. Professor Dr. Hefele zieht aus
dieser Verordnung den" Schluss, dass zur Zeit des h. Bonifaeius
der "sagum" als kurzes Oberkleid bei den Laien in Gebrauch
gekommen sei, und dass auch die Priester im Privatgebrauche
sich dieses kurzen Gewandes bedient hätten, die seither ein falten-
reiches Obergewand, in Form eines weiten Mantels (cuculla), ähn-
lieh der fcrmverwvandten ncasula" im Privatleben getragen hätten.
Nachdem wir im Vorhergehenden, in soweit es der beschränkte
Raum gestattete, den Nachweis zu liefern versucht haben, dass
in den ersten christlichen Jahrhunderten, der äussern Form nach,
keine besondern und neu gestalteten Gewänder in der Kirche
liturgiseh feststanden, sondern dass man die hinsichtlich des Stoffes
edelern und reichern Gewänder bei derFeier der christlichen
Mysterien ausschliesslich in Gebrauch hielt, wie sie damals im
gewöhnlichen Leben getragen wurden, wollen wir im Folgenden den
Ursprung, die Gestalt und den Steil dieser vorzüglichern priester-
lichen und bischöflichen Gewänder, die in den ersten drei Jahrhun-
derten der Kirche liturgiseh zur Anwendung kamen, näher in Be-
tracht ziehen; durch die folgenden, auf jedes einzelne Gewand bezüg-
lichen Nachweisungen dürfte es sich auch erhärten lassen, was
wir im Vorhergehenden andeuteten, dass nicht nur theils unter dem
spätem Einflusse der hohenpriesterlichen und der opferpriester-
liehen Gewänder des Mosaismus der kirchliche Ornat sich im
Laufe der Jahrhunderte gestaltet habe, sondern dass derselbe
grösstentheils unter dem directen EinHusse jener Profangewänder
Entstehung fand, die in der Kaiserzeit bei den vornehmen Rö-
mern in Gebrauch waren. WVir beginnen unsere speeiellen Anga-
ben nit dem ehrwürdigsten und vorzüglichsten frühchristlichen
Gewande, der "planeta" oder ncasula".
Das
Messgewand
(Planeta,
casula,
Paenula).
Bevor wir uns über den Ursprung dieses Gewandes und über
seine Form und Gestalt in den ersten christlichen Jahrhunderten
weiter verbreiten, dürfte es nicht unzweekmässig erscheinen, hier
einige allgemeine Bemerkungen über die Benennung desselben
vorauszusenden. Der Name dieses frühchristlichen Gewandes wird,
dem Baronius und andern ältern liturgischen Schriftstellern zu-
folge von dem griechischen "Worte vnldv???" hergeleitet, Wodurch
die formelle Besehatienheit eines Gewandes näher gekennzeiehnet