die Vorhänge, „vela, pallia, cortinae", des Altars befestigt waren. 1)
DieseVorhänge, zuweilen "teguinenta, auleae" genannt, konnten, da
sie oben in Ringen hingen, durch eine einfache Vorrichtung auf-
und zugezogen werden, so dass mit Bezug auf die Einrichtung
dieser altern Ciborienaltäre es wörtlich zu nehmen war, wenn der
Priester beim Staffelgebete sprach: „intr0 ibo ad altare dei". Nicht aber
allein an dem freistehenden Hauptaltare, sondern auch an den Ne-
benaltären kamen häufig diese Umhänge (rideaux) zur Anwendung. 1)
Eine zweite hervorragende Stelle in der Basilika, WO die
Kunst des Webens vor dem X. Jahrhundert Scenerien aus dem
Leben desHeilandes zur Darstellung bringen konnte, war der nach
vier Seiten hin freistehende Altartisch (mensa). Die grössern und
reichern Hauptkirchen schmückten namentlich an Festtagen diese
"frontalia" des Altars mit reichfigurirten Tafelungcn von Silber-
blech und Gold mit prachtvollen Schmelzwerken. 3) An den ge-
wöhnliclien Tagen waren diese kostbaren Bekleidungen mit geweb-
ten und reiehgestickten Vorhängen verhüllt. 4) In Weniger reichen
Kirchen wurden die Flachseiten des Altartisches _]e nach der Be-
deutung der kirchlichen Feste mit mehr oder weniger reichen Be-
hängen umgeben. Sogar über die mensa des Altars, die heute,
der Vorschrift gemass, mit Leintüchern bedeckt werden muss,
legte man vor dem X. Jahrhunderte nicht selten kostbare, scene-
rirte Seidenstoffe. Auf diese Weise nun fand der Festtag die äl-
tern Basiliken mit einer Menge der kostbarsten Gewebe ge-
schmückt. Aber man begnügte sich nicht mit diesen Behängen an
Festtagen, wenn sie auch noch so schwer und echt in Seide ge-
wirckt waren; es musste den Gläubigen in diesen Webereien auch
zugleich etwas Höheres, als ein blosses Ornament, geboten wer-
1) Am Altare der St. Stephanskirche zu Mainz und sogar an dem Altar-
aufsatz, aus der Spätzeit der Renaissance, in St. Columba zu Cöln haben
sich diese eisernen Stangen, woran die Vorhänge befestigt waren, noch erhalten.
1') Heute noch bilden die zu beiden Seiten im Dome zu Münster an den Ne-
benaltären befindlichen Vorhänge so zu sagen ein kleines geschlossenes Chor
und verhindern, dass der Celebrant durch unpassendes Hinübersehen auf den
Altar von den Umstehenden gestört werde.
5] Als ein solches Prachtwerk der Goldschmiedekunst ist die bekannte palla
d'oro in S. Marco zu Venedig zu betrachten. Auch in Mailand in der alten
Basilika di S. Ainbrogio sahen wir ähnliche Altarbekleidungen von grosser
Kostbarkeit; der jetzt unter unschönen Bekleidungen noch erhaltene, friih-go-
thische Altar in St. Ursula zu Cöln besass vorlängst ein ähnliches "frontale"
von grossem Kunstwertlie, das sich heute leider nicht mehr an primitiver,
historischer Stelle, sondern unpassend und zwecklos an dem Altar in der
kleinen Rathhaus-Capelle zu Cöln befindet.
4) Ueber die Frontalien und Dorsalien der Altarmensa vor dem XII. Jahrhun-
dert vergl. das Nigello-Antipendium zu Klosterneuburg in Oesterrejch von
Jos. Arneth, Wien 1844.