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teressante, aber auch schwierige Frage weiter verbreiten und be-
merken dazu einleitend Folgendes:
Seit dem XVI. Jahrhundert, als man zuerst in Italien nach
den Geisteswerken der Dichter und Prosaiker von Altgriechen-
land und Rom zu forschen begonnen hatte, unternahm man es
auch, aufgemuntert durch die unverhoEten Resultate dieser Nach-
forschungen, gelehrte Untersuchungen anzustellen über das öffent-
liche und Privatleben des heidnischen Hellas und Latiums. In
Folge dieser tiefgehenden Studien gelangte man auf wissenschaft-
lichem Wege zu der Erkenntniss, wie die Architektur und die
bildenden Künste der vorchristlichen Zeit im Alterthum formell
beschaffen waren. Gelehrte Untersuchungen wurden ferner darüber
angestellt, Wie die Hßllsgeräthe und die verschiedenen Gebrauchsge-
genstände der Griechen und Römer im sogenannten klassischen Zeit-
alter beschaHen gewesen seien. So sah auch das XVI. Jahrhundert
umfangreiche und gediegene Werke entstehen, die sich mit der in's
Einzelne gehenden Frage besßlläftigten: wie viele und welche Ge-
wänder man in Alt-Rom und Griechenland im öffentlichen wie im
Privatgebrauche getragen habe. Desgleichen wurde von kenntniss-
reichen Alterthumsforschern und Philologen ein umfangreiches
Material zusammengehäuft, das sich ausschliesslich mit den Nach-
richten über die Bekleidungs-Gegenstände der frühchristlichen Zeit
beschäftigte.
Diejenigen, die sich weitläufiger in der damals neu begründe-
ten Wissenschaft der „res vestiaria" umsehen wollen, verweisen wir
hier auf die betreiienden Schriften eines Salmasius, Rubenius,
Bulengerus, vor allem aber auf das gediegene Quellenwerk des
Octavius Ferrarius ade re vestiaria", das er in drei Büchern im
Jahre 1642 zu Pavia veröffentlichte.
In den angezogenen Werken dieser philologisch-arehäologi-
schen Forscher finden sich zahlreiche, äusserst schätzenswerthe
Beiträge, die auch hinsichtlich der Frage das nöthige Licht ver-
breiten: wie gestalteten sich in den ersten Jahrhunderten des
Christenthums, als dasselbe noch unter dem harten Drucke der
römischen Cäsaren schmachtcte, jene ehrwürdigen Gewänder,
deren sich die Diener der Kirche bei der Feier des eucharisti-
sehen Mahles bedienten?
Bevor wir im Folgenden den Nachweis zu geben versuchen,
wie die verschiedenen, heute noch in der Kirche im Gebrauche
belindlichen gottesdienstlichen Gewänder zum grösstcn Theile mit
jenen vornehmern Gewändern hinsichtlich ihrer Form und des
Schnittes verwandt waren, die das klassische Rom im apostoli-