Volltext: Geschichte der liturgischen Gewänder des Mittelalters oder Entstehung und Entwicklung der kirchlichen Ornate und Paramente in Rücksicht auf Stoff, Gewebe, Farbe, Zeichnung, Schnitt und rituelle Bedeutung nachgewiesen und durch zahlreiche Abbildungen erläutert (Bd. 1)

citiren, mag es zweckmässig erscheinen, dass hier in Kürze 
die Frage Erledigung finde, wozu brauchte der christliche Cul- 
tus in der Frühzeit seiner Entwickelung eine so grosse Menge 
von kostbaren Geweben? 
Der Basilikenbau des frühesten Mittelalters zeigte namentlich von 
Aussen den Verfall der römischen Architektur und da auch im 
Innern ein architektonisches Ornament fehlte, so suchte man diese 
architektonische Armuth durch reiche Goldmosaiken in der Chor- 
rundung und an den Flachwänden über den Säulen des Mittelschiffes zu 
ersetzen. Auch der Fussboden erhielt jene bekannte tigurirte Stein- 
mosaik, wie sie schon in den classischen Zeiten Romis in Auf- 
nahme gekommen war. Da nun zu diesem Formreichthum beson- 
ders an Festtagen die Leere der übrigen Flachwände der Basi- 
lika nicht passen wollte, so ging man hin und überzog die Mauer- 
ilächen der Absis unter den Fenstern, wo gewöhnlich die cathedra 
des Bischofs stand, mit kostbaren Geweben und auch die niedere 
Hinterwand mit dem darauf befindlichen Gitter, "cancelli", welches 
das Presbyterium abschloss, erhielt seine „vela dorsalia",  sogar 
die Säulen und übrigen Wandfilächen der Kirche wurden von 
der Zeit des griechischen Exarchates an mit nicht weniger kostbaren 
Behängen (pallia holoserica, tegumenta, vestes ecclesiae)u1nkleidet. 
Da vor der Hauptthüre der grossen Basiliken sich gewöhnlich 
eine schützende Halle befand und bei festlichen Gelegenheiten die 
schwere Thüre geöffnet blieb, so wurde auch diese geöffnete Haupt- 
thüre und nicht selten auch die Nebenthüren mit köstlich geweb- 
ten Stoffen von Seide (c0rtuna)1) behangen. Insbesondere aber 
bot die eigenthümliche Construction des Altars mit dem darüber 
befindlichen Cyborium in der Basilika der griechischen Weberei 
eine erwünschte Gelegenheit, ihre grosse Kunstfertigkeit durch An- 
Wendung von biblischen Begebenheiten in kostbaren Stoffen zu 
entfalten.  
Wie bekannt, stand bis zum X. Jahrhundert der Altartisch 
meist frei, umgeben von vier Säulen, auf welchen ein dachförmi- 
ges Baldachin ruhtef) das Ganze nannte man Cyborium. Unter 
den vier Balken, die als Arehitrave auf den Kapitälen der Säulen 
ruhten, liefen eiserne Stangen, mit kupfernen Ringen, an denen 
L 
 Heute noch ist es in Rom der Fall, dass man bei dem milden Klima die 
Haulitthür der Kirche namentlich an Festtagen geöffnet lässt und mit 
Vßrhängen von rothem Seidendamast behängt; so wird der Vorübergehende 
aufmerksam gemacht, dass die Kirche ein Fest begeht. 
7) Ciboüum quatuor eolumnis innixum supra altere fieri cura diligenti prgege. 
pit. Vita Sti. Baracli Episcop.
	        
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