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unter dem römischen Landpfleger in Botmässigkeit stehen, und
nicht so leicht sein Ansehen zum Sturze der Römerherrschaft in
Judaea zu verwenden sich veranlasst sehen sollte, deswegen glaub-
ten die römischen Landpileger, den so hochgeachteten hohenprie-
sterlichen Ornat in strengem Gewahrsam halten zu müssen. Erst
zur Zeit des Kaisers Tiberius, als Vitellius Statthalter in Syrien
war, gab man, um die jüdische Nation mit der römischen Herr-
schaft mehr auszusöhnen, die oben beschriebenen goldenen Ge-
wänder des Hohenpriesters wieder in Gewahrsam desselben zu-
rück und gestattete man es, dass die Juden sie selbst aufheben
und beschützen sollten. Nach dem Tode Agrippais erging zwar
von dem Landpfleger Judaeafs, Cassius Longinus und Cuspius
Fadus an die Tempelvorsteher der Befehl: die hohenpriesterlichen
Gewänder wieder in die Burg Antonia auszuliefern. In Rom
aber wussten es die Juden durch ihre Gesandten und Freunde
beim Kaiser durchzusetzen, dass man ihren Händen die Bewah-
rung der so kostbaren und hochgeachteten hohenpriesterlichen
Gewänder überliess. Mit der Einnahme Jerusalems durch die
Heere des Titus brach endlich das entsetzliche Wehe über Zion
herein, das der Herr der heiligen Stadt vorherverkündigt hatte. Der
Tempel wurde zerstört, so dass kein Stein auf dem andern blieb,
das Opfer wurde für immer unterbrochen und der feierliche
Tempeldienst hatte mit einem Male ein grauenvolles Ende erreicht.
Spurlos verschwanden nun auch mit den goldenen Gefässen des
Tempels und dem siebenarmigenLeuchter, die heiligen Gewänder
der zahlreichen Priesterschaft, und führten Titus und seine Le-
gionen die kostbaren „vestes aureaett des Hohenpriesters als
reiche Siegesbeute für immer hinweg von Jerusalem nach Rom.
Art und Weise, wie _im vorchristliehen Alterthume die priester-
lichen und hohenpriesterlichen Gewänder ohne Nath gewebt
wurden.
Wir haben in den vorhergehenden Abschnitten die liturgi-
schen Gewänder des Jehovadienstes, wie sie im Buche Exodus
XXVIII und XXXIX auf Eingebung des Herrn durch Moses
vorgeschrieben waren, in Bezug auf StoiT, F arbe, Gestalt und
Form ausführlicher beleuchtet und die Analogieen derselben mit den
priesterlichen und bischöflichen Gewändern der Kirche nachzuwei-
sen versucht. Am Sehlusse dieser Abhandlung erübrigt es noch,