Volltext: Geschichte der liturgischen Gewänder des Mittelalters oder Entstehung und Entwicklung der kirchlichen Ornate und Paramente in Rücksicht auf Stoff, Gewebe, Farbe, Zeichnung, Schnitt und rituelle Bedeutung nachgewiesen und durch zahlreiche Abbildungen erläutert (Bd. 1)

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Es ist "vorhin schon darauf hingewiesen worden, dass die 
„vestes albae" aus den feinsten pelusischen und indischen Byssus- 
geweben bestanden und von unglaublich hohem Werthe waren. 
Aber auch die vier früher beschriebenen Gewandstüeke der Opfer- 
priester, insbesondere die Tunica und der in purpurvioletter, 
hyazinthblauer und scharlachrother WVolle reichgestickte Byssus- 
gürtel waren äusserst kostspielig, da die feinsten ägyptischen 
Byssusstofie zur Anfertigung verwandt und dieselben rund gewebt 
und nicht durch Nadelarbeit zusammengesetzt wurden. Grosse 
Summen fürwahr kosteten, wenn den Angaben jüdischer Schrift- 
kundigen unbedingt Gewicht beizulegen ist, der eigentliche Ornat 
des Hohenpriesters, nämlich jene acht zuletzt beschriebenen Ge- 
wandstücke, die insgesammt als „vestes aureae" bezeichnet werden. 
Gleichwie zu diesen acht Gewändern des Pontifex Maximus eben- 
falls der feinste und kostbarste Byssus aus der Stadt Pelusium bezogen 
wurde, so war auch die zarte und kostbare Wolle, die zur Verzie- 
rung der hohenpriesterlichen Pontificalgeivander gebraucht wurde, 
aus Milet bezogen.  Aeltere Schriftsteller des klassischen Zeitalters : 
Virgil, Aelianus, Athenaeus u. A. sind des Lobes voll, wenn sie 
von der Feinheit und Vorzüglichkeit jener Wolle sprechen, die 
in der Hauptstadt des kleinasiatischen Joniens: Milet, gesponnen 
und gefärbt wurde. Zu dieser milesischen theuern Wolle kamen 
noch hinzu die Färbung derselben mit der kostbaren hyazinth- 
blauen Farbe, dem violetten dunkeln Purpur 2) und dem Schar. 
lachrothen Coccus. Mit solchen gefärbten milesischen Woll- 
stoffen, nicht aber mit gefärbter Seide, worauf wir ausdrücklich 
aufmerksam machen, waren nicht nur der Gürtel, sondern auch 
das Ephod und das Rationale durch das „opus choschep", wie 
wir das Weiter oben entwickelt haben, auf's kunstreiehste ausge- 
stattet. Zu den eben gedachten kostbaren und seltenen Materia- 
lien und Stoiien, die zur Anfertigung der „vestes aureae" des 
Hohenpriesters verwandt wurden, kommt auch noch der Umstand 
hinzu, der den Preis und WVerth derselben bedeutend erhöhete, 
dass sämmtliche "vestes aureae" aus einem Stücke, ohne Nath, 
gewebt sein mussten. Wie kostspielig eine solche, schon in der 
frühchristlichen Zeit aus der Uebung gekommene Kunstweberei 
1) Vgl. das Nähere über die grosse Vorzüglichkoit der apulischen und rnile. 
sischen Wolle bei Plinius, lib. VIII, cap. 48. 
7) Welchen enorm hohen Preis der Purpur in der römisch-klassischen Zeit 
kostete, lässt sich aus einer Stelle bei Plinius lib. VIII, cap. XLVIII ent- 
nehmen, wo er angibt, dass Capito Triclinarien besass in Purpur, die ihm 
20,900 Goldmünzen gekostet hatten.
	        
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