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Weise mit der "tiara" und der "eorona" bekleidet ist. Fig. 4
veranschaulicht endlich die Anlegung und Tragweise der hohen-
priesterliehen Htiara" und "eorona", wie dieselben, auf der An-
gabe des Josephus fussend, von Vilalpandus, Frisius und Andern
aufgefasst und bildlich wiedergegeben werden sind. Die "rgiorofgta",
wie sie J osephus in seinen „Antiquitates" bezeichnet, sind hier in
drei Reihen übereinander geordnet, als geschlossene Kronreifen
in Abbildung gegeben. Das Stirnblatt mit der getriebenen In-
schrift, "die Heiligkeit Gottes", ist auf dieser Abbildung unter
Fig. 4 als Stirnblatt, gleichsam wie eine Klappe, ein Schild über
den Rand der Tiare umgeschlagen. Aus welchem Grunde
schrieb der Herr durch das Gesetz seines Dieners Moses dem
Hohenpriester das Tragen der „tiara" mit der eben beschriebe-
nen "eorona" vor? Ohne Zweifel nicht nur deswegen, Weil diese
hervorragende Kopfzierde dem Tragenden gereichen solle „ad
gloriam et ad honorem", sondern auch vorzugsweise aus einem
höhern symbolischen Grunde, wie das Moses gleich in den Wor-
ten hinzufügt: "portabitque Aaron iniquitates eorum, quae Obtu-
lerunt et sanctificaverunt filii Israel, in cunctis muneribus et do-
nariis suis. Erit autem lamina scmper frontem ejus, ut placatus
sit eis Dominus". Die Talmudisten haben diese mystische Stelle
nach ihrer jüdischen materiellen Auffassungsweise verschiedenartig
gedeutet und haben geglaubt, dieser goldenen Stirnbinde an und
für sich eine geheime Kraft der Heiligung und Sühnung zu-
sprechen zu müssen. Deswegen heisst es auch in den WVerken
der Rabbiner immer: „la1nina expiat" oder „lamina accepturn
reddit". Vom christlichen Standpunkte aus betrachtet dürfte die
Deutung dieser Stelle dadurch eine einfache Erledigung finden,
dass der Hohepriester des alten Bundes ein Vorbild 1) jenes
verheissenen und erwarteten Hohenpriesters des neuen Bundes
war, der als Erlöser des Menschengeschlechts, in der Fülle der
ihm inwohnenden Kraft von Oben zugleich Hoherpriester und
König und Gott war. Deswegen deuteten auch die eben be-
schriebenen hohenpriesterliehen Gewänder, die der Priester als
vorbildender Stellvertreter trug, jene Reinheit und Heiligkeit an,
womit in unendlich höherm Grade der erwartete Ilohcpriester
Bei Zach. III, 8. wird der Hohepriester und die andern Priester deswegen
auch genannt "Zeichen-Männer, Männer des Vorbildes", indem sie in ihrer
Person, in ihrer Kleidung und in ihrem Amte Zukünftiges vorbedeuten
und bezeichnen. Vgl, Paganini in com. ad h. 1., ferner auch Lundius in
seinem citirten Werke S. 514.