Volltext: Geschichte der liturgischen Gewänder des Mittelalters oder Entstehung und Entwicklung der kirchlichen Ornate und Paramente in Rücksicht auf Stoff, Gewebe, Farbe, Zeichnung, Schnitt und rituelle Bedeutung nachgewiesen und durch zahlreiche Abbildungen erläutert (Bd. 1)

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stattung aufzuweisen hat, eine 6 Fuss hohe Statue an der süd- 
lichen Eingangslaube des Domes zu Rheims, bekleidet mit einem 
grossen Peetoralschilde. Wie ein Blick auf die stilgetreue Ab- 
bildung dieser Statue, Tafel VI, besagt, stellt diese grossartige 
Sculptur aus dem Beginne des XIII. Jahrhunderts das Standbild 
eines Papstes vor, dessen Namen ausfindig zu machen bei dem 
Fehlen sämmtlicher Symbole heute nicht leicht sein dürfte. Diese Fi- 
gur, im vollständigen Pontifieal-Ornate, an dem Trennungspfeiler der 
beiden Eingangsthüren, trägt auf dem Haupte eine päpstliche Tiara, 
wie dieselbe im XII. und XIII. Jahrhundert formell beschaffen Warä) 
Die Brust dieser päpstlichen Statue ist geschmückt mit einer 
Agraffe, die hinsichtlich ihrer Gestalt und artistischen Ausstattung 
vollständig identisch ist mit dem „rati0nale judicii", dem mysteriösen 
„Urim etThummim", wie es der Pontifex Maximus im J ehovadienste 
zu tragen pflegte. Wir machen darauf aufmerksam, dass dieses 
kostbare Brustschild auf dem päpstlichen Standbilde zu Rheims 
nicht als nfibula", zur Befestigung des darunter befindlichen upal- 
lium", zu betrachten ist, sondern als ein für sich selbstständiges 
Ornament, welches mit einer kleinen Kette, wie das auch unsere 
Zeichnung zeigt, um den Hals getragen wurde. Den Angaben 
älterer Schriftsteller zufolge lässt es sich nicht mit Sicherheit fest- 
stellen, ob von den Bischöfen und Päpsten im Mittelalter dieses 
Brustschild, das „rationale" des alten Bundes, als auszeichnendes 
Ornament, für sich allein getragen, oder ob dasselbe, wie das auch 
im alten Bunde der Fall war, immer in Verbindung mit einem 
reichgestickten Schultergewand angelegt wurde, das dem Ephod 
des alten Testamentes nachgebildet war, wie wir ßS auf Tafel V 
im Bilde veranschaulicht haben. Das in Stein gearbeitete Stand- 
bild zu Rheims, das wir auf Tafel VI wiedergegeben ihaben, scheint 
dafür Beleg abzugeben, dass im Mittelalter mit dem vorhin be- 
schriebenen nsuperhumerale", dem Ephod des alten Testamentes, 
nicht immer in Verbindung stand das "rationale judicii", sondern 
dass das "rationale" auch getrennt für sich, ohne das „superhu- 
merale" zuweilen getragen wurde. Jedoch scheint aus einem 
alten Missale des Abtes Rotaldus von Corvey gefolgert werden 
zu können, dass das "rationale" als goldenes Brustschild immer 
mit dem "superhumerale" (SchuItergevxYand) auch im Mittelalter 
verbunden war. Es heisst nämlich. in demselben an der Stelle, wo 
 Wir werden im Folgenden eine ausführliche Beschreibung der "mitra. pa- 
palis" geben, und dann bei digser Gelegenheit auf die in der vorliegenden 
Abbildung veranschaulichte: Tiare zurückkommen.
	        
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