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dürfte. Wenn auch der erste Tempel des Salomon in phönizisch-
syrischen Formen gehalten war, so kann man aus den aus-
führlichen Angaben des Flavius Josephus entnehmen, dass in
dem zweiten Herodianischen Tempel die Gefasse und Geräthe in
dem damals auch in Judaea eingeführten griechisch-römischen For-
mentypus gehalten waren, und dass mithin auch die in dem
Ephod eingewirkten vielfarbigen Ornamente sich den herrschen-
den Formen des Tages gefügt haben. Da wir uns in der Lage
befanden, auf der beifolgenden Taf. III in farbiger Zeichnung die
muthmaasslichen Dessins andeuten zu können, wie sie an dem
hohepriesterlichen Ephod cingewirkt gewesen sein mögen, so
haben wir es uns gestattet, jene Muster in diesem Ornatstücke
zur Darstellung kommen zu lassen, die wir auf einer römischen
Toga als ein „0pus phrygicum" vorfanden. Diese „toga pieta et
palmata" mit ihren reichen imitirten Stickereien befindet sich in
Basrelief auf einem merkwürdigen Consular-Diptychon heute auf-
bewahrt im Schatze zu Halberstadt. Dieses, auf Taf. I, zweiter
Lieferung des vorliegenden Werkes veranschaulichte Relief in
Elfenbein dürfte nicht der klassisch-heidnischen Zeit, sondern viel-
mehr der christlich-römischen Kunstepoche angehören, und einen
römischen Feldherrn, bekleidet mit der „toga triumphalis" vor-
stellen, der unter der Regierung der beiden Kaiser Honorius und
Arcadius als Sieger über überwundene Völkerschaften zurück-
kehrte, Schriftlichen Privatmittheilungen des Baron von Kühne,
beigeordneten Direetors der kaiserlich russischen Museen der Her-
mitage zu St. Petersburg verdanken wir diese eben angeführte sehr
wahrscheinliche Conjectur. Dieser zufolge trüge dann der trium-
phirende Feldherr in der einen Hand das "Volumen" und in der
andern das Scepter, auf welchen die Büsten der beiden regieren-
den Kaiser Honorius und Arcadius angebracht sind. Auf dem
obern Relief wären, dieser freundlichen Angabe zufolge, sitzend
dargestellt die beiden Kaiser Honorius und Arcadius, umgeben
auf der einen Seite von den allegorischen Figuren "Roma" und
„Constantinopolis".
Wenn auch hinsichtlich des Stoffes und der kostbaren Ma-
terie, aus welcher das Schultergewand angefertigt werden musste,
durch die oben citirten Stellen des Exodus das Nähere angedeutet
wird, so herrscht doch rücksichtlich der Form und des Schnittes
dieses reichen Qbergewandes bei den competenten Erklärern der
jüdischen Alterthümer vielfach Unklarheit und Unbestimmtheit.
So sagt Flavius JosephllS, dass es mit Aermeln versehen gewe-
sen und nach Art und Weise der Tuniken angefertigt werden