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men werden könnte. Es dürften deswegen diese Verzierungen
von Aepfelchen und Sehcllchen in Weise unserer heutigen ähn-
lich gearbeiteten Fransen bedeutend kleiner gewesen sein, als das
die jüdischen Ausleger der h. Schrift angeben, zumal, wenn die
Zahl dieser Ornamente so gross gewesen ist.
Am Schlusse dieser übersichtlichen Beschreibung des hohen-
priesterlichen Palliums angelangt, dürfte es nicht schwer fallen,
die Analogie nachzuweisen, die zwischen dem Pallium des Hohen-
priesters im alten Testamente und dem entsprechenden Gewande
verwaltet, wie es in der christlichen Kirche seit den Frühzeiten
des Mittelalters einzelne Bischöfe zu tragen pflegen. Schon der
Name selbst ist im alten wie im neuen Bunde für ein bestimmtes
auszeichnendes Obergewand identisch. Gleichwie nur allein der
Hohepriester dieses Obergeivand zu tragen das Recht hatte, so
hat auch der Pontifex Maximus im neuen Bunde das Recht,
dieses auszeichnende Gewand der Würde zu tragen, desgleichen
diejenigen Erzbischöfe, denen dasselbe vom Papste übergeben
wird. Das Pallium im Mosaismus bestand, wie wir oben gesehen
haben, aus Wolle und nicht wie der Gürtel aus der „materia mixta";
das Pallium der Erzbischöfe muss ebenfalls, der Vorschrift ge-
mäss, aus Wolle angefertigt sein. Das Pallimn im Jehovadienste
wird auch, wie oben bemerkt, in der Vulgata „tunica superhu-
meralis" deswegen genannt, weil es als Obergewand vornehmlich
die Schulter bedeckte und fast bis zum Knöchel herunterreichte.
Auch das erzbisohöüiehe Pallium ist vornehmlich ein Schulterge-
wand und reichte, besonders im Mittelalter lang herabfallend, fast bis
zu den Füssen hernieder. Was nun die Form des Palliums im Mo-
gaismus und die im Christenthum betrifft, so muss gesagt werden,
dass auch hinsichtlich des Schnittes und der äussern Form des
erzbischöflichen Palliums sich noch, trotz seiner heutigen Ver-
kürzung, bemerkenswerthe Analogieen mit dem Pallium des
alten Bundes auffinden lassen. Das Pallium, welches heute in
Form einer "torques" sich nach und nach auf ein Minimum re-
ducirt hat und im Mittelalter bedeutend länger und ansehnlicher
war,1) erinnert auch heute noch in seiner verkürzten Gestalt an
Vgl. hierzu die Abbildung der Statue eines Papstes auf Taf. VI_ Diese
vortreffliche Sculptur aus dem Beginne des XIII. Jahrhunderts findet sich
heute vor unter den vielen Bildwerken am Dom zu Rheims. An dieser
Statue ersieht rnban deutlich die Form des Palljums, wie es im Beginne
des XIII. Jahrhunderts formell beschaffen war. Dasselbe steigt über 411a
Schulter heran und setzt sich nach unten streifenförmig fort bis zu. dem
unteru Schienbein, wo das Messgewand aufhört.