Volltext: Geschichte der liturgischen Gewänder des Mittelalters oder Entstehung und Entwicklung der kirchlichen Ornate und Paramente in Rücksicht auf Stoff, Gewebe, Farbe, Zeichnung, Schnitt und rituelle Bedeutung nachgewiesen und durch zahlreiche Abbildungen erläutert (Bd. 1)

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abweichend auseinandergehen, namentlich aber die heiligen Schriften 
nichts Näheres darüber angeben. Einer der itltestexi christlichen 
Schriftsteller, J ustinus Martyr, führt an, dass das Pallium des Hohen- 
priesters am untern Saume mit zwölf Glöckchen ausgestattet gewesen 
sei, gleichsam als eine symbolische Deutung der zwölf Apostel. I) 
Auch Epiphanius spricht von zwölf Glöckchen. T) Durandus und 
die spätem Liturgiker des Mittelalters, die grösstentheils in ihren 
Angaben dem Isidorus, dem Rhabanus Maurus und dem Amala- 
rius Fortunatus gefolgt sind, sprechen auffallender Weise von acht- 
zig Glöckchen, die an dem Saume des Palliums befestigt gewesen 
seien. 3) Dasselbe sagt auch Clemens Alexandrinus. Die mei- 
sten Autoren jedoch, sowohl christliche als hebräische, sind der 
Ansicht, dass diese goldenen Schellehen die Zahl von 72 nicht 
überschritten haben") Auch der h. Hieronymus in seinem Briefe 
an die Fabiola stimmt hinsichtlich der Zahl der eben erwähnten 
Angabe bei, indem er in dem cbengedaehten Briefe sagt! „an 
dem untersten Saume nach den Füssen hin waren 72 Glöckchen 
und eben so viele punische Aepfelchen". Die Zahl "72" haben 
Einige deuten wollen auf eben so viele Sprachen, die bei der ba- 
bylonischen Sprachverwirrung entstanden seien. Christliche Schrift- 
steller haben darin eine Vorbedeutung zu finden gesucht auf die 
72 Jünger des Heilandes, mit Bezugnahme auf den Spruch: "in 
cmnem terram exivit sonus eorum". Auch ist von anderer Seite 
die Zahl 72 gedeutet werden auf die 72 Aeltesten des grcssen 
Synedriums, als Repräsentanten des auserwählten Volkes, Oder 
auch auf die 72 Ausleger des alten Testamentcs. wenn man 
auch aus symbolischen Gründen bei der Zahl 72 gern verbleiben 
möchte, so scheint uns doch die Zahl etwas hoch gegriffen zu 
sein, weil dann auch eben so viele gewirkte, vielfarbige Aepfel- 
chen als Ornamente angenommen und der untere Rand des Pal- 
liums unglaublich breit und ausgedehnt gedacht werden müsste. 
Wenn dem Gewicht beizulegcn sein dürfte, was in der Gemara an- 
gegeben steht, dass nämlich die "malogranata" die Breitenausrlehnung 
eines kleinen Eies gehabt hätten und wir auch zugeben, dass die 
goldenen Schellchen an Umfang bedeutend kleiner gewesen Seim], 
so möchte das Pallium in seiner untern Umrandung mehr als 
acht Ellen breit gewesen sein, was wohl nicht füglieh anggnom- 
 Justin. dialog. cum Tryphone. 
z) Haares. lib. I, XXXIV, contra Marcosios. 
3) Rationale divinorum officiorum, lib. III, cap. 
u) Maimon. Kele Hammikd. cap. IX.
	        
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