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Priesters der Kirche dem "migbaoth" des mosaischen J ehovadienstes
im Aeussern sehr nahe kam, jedoch mit dem Unterschiede, dass der
mittelalterliche "pileus" nicht immer nach der Höhe hin dieselbe
Ausdehnung hatte und nicht jene abgestumpfte Spitze zeigte, wie
das bei der Kopfbedeckung der mosaischen Priester der Fall war.
Auch bestand die Kopfbedeckung des Mittelalters meistens aus Tuch
oder Seide und war als solche genäht und mit einer „snbductura"
im Innern belegt, wogegen die alt-testamentarische Kopfbedeckung
turbanartig aus einem langen Byssusstreifen als Helm gGfOPITIt
und um den Kopf gewunden wurde. Um die aussere Verwandt-
schaft der Kopfbedeckung der Diener der "synagoga" und der
Priester im Mittelalter dem Auge kenntlicher zu machen, haben
wir auf Tafel VIII vergleichsweise im Bilde wiedergegeben den
"pileus", wie derselbe im XIV. und XV. Jahrhundert in dem
alten Köln als kirchliche Kopfbedeckung bei dem Klerus im Ge-
brauch war. Wir werden in einer spätern Lieferung dieses
Werkes ausführlicher den Entwickelungsgang näher kennzeich-
nen, den die Kopfbedeckung des Priesters in der Kirche Sei? der
Frühzeit des Mittelalters durchgemacht hat, und werden dann
auch den Nachweis zu geben versuchen, wie die heutige steife
und unglückliche Form des Birrets sich erst seit der Spätzeit der
Renaissance gestaltet hat. Dieser auf Tafel VIII veranschaulichte
"pileus", der auch als Kopfbedeckung der ..,doctores", Wie Wir
das später zeigen werden, diente, ist getreu entlehnt einem
merkwürdigen Sepulturalstein, der ehemals das Grab eines
Dignitarius des alten Canonikerstiftes von St. Gereon in Köln
deckte, und der, der Inschrift zufolge, dem XV. Jahrhun-
dert angehört. Wir werden später auf die Form und aus-
führliche Beschreibung dieses hier veranschaulichten Birrets zu-
rückkommen, und machen wir im Allgemeinen auf die grosse
formelle Verwandtschaft aufmerksam, die in Bezug auf Höhe und
Ausdehnung zwischen dem "migbaoth" des Mosaismus und dem
entsprechenden "pileus" der Priester des Mittelalters bestand.
Abstrahirt man von dem heutigen Birret, wie es jetzt in der
Kirche im Gebrauch ist, die vier vorspringenden Ecken oder
Klappen, die die letzten zwei Jahrhunderte in der heutigen Form
entwickelt und über Gebühr, behufs des leichtern Anfassens, ver-
grössert haben, so dürfte auch die heutige kirchliche Kopfbe-
deckung mit dem oben beschriebenen mosaischen „pileus" im
Entferntern eine verwandte Gestaltung aufzuweisen haben.