Volltext: Geschichte der liturgischen Gewänder des Mittelalters oder Entstehung und Entwicklung der kirchlichen Ornate und Paramente in Rücksicht auf Stoff, Gewebe, Farbe, Zeichnung, Schnitt und rituelle Bedeutung nachgewiesen und durch zahlreiche Abbildungen erläutert (Bd. 1)

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Leibrock so wie auch jeder der beiden Aermel seien getrennt für 
sich gewebt worden; die Aermel jedoch seien nachher mit der 
Nadel angefügt werden. Da im Oceidente früh schon die Kunst 
der WVeberei, die die Aermel ohne Naht mit einem ebenfalls naht- 
losen Gewande durch WVeberei zu verbinden Wusste, in Abnahme 
gekommen war, und man sieh also nicht das oben angedeutete tech- 
nische Verfahren erklären konnte, so begreift es sich, wie man dazu 
überging, anzunehmen, die "tunica" sei hinsichtlich der Anfügung 
der Aermel nicht, Wie der Exodus angibt, ein "opus textoris", son- 
dern ein „opus aeus". Wvir werden im Folgenden an der Stelle, 
wo in Abbildung die Art und Beschaffenheit des altern Web- 
stuhles nachgewiesen werden wird, ausführlicher angeben, auf 
welche Weise im alten Testamente die „tuniea inconsutilis" durch 
WVeberei erzielt wurde, und wie auch den gründlichen Forschun- 
gen des gelehrten Braunius zufolge die Kunst der Alten es ver- 
stand, sogar die Aermel durch die Webekunst mit dem Leibrock 
als ein Ganzes zu verbinden, wie das heute noch bei verschiede- 
nen Völkern des Orients in Gebrauch sein soll. Dem oben Ge- 
sagten zufolge war also die priesterliehe, desgleichen die hohe- 
priesterliche "nodijgiyg" ein bis zu den Knöeheln herunterfliessendes 
(iewand aus feinem sechsdrähtigeln ägyptischen Leinen, in einer 
solchen Musterung gewebt, dass sich kleine seehseckige Vertie- 
fungen bildeten. Dieselbe war ein „indumentum inconsutile", das 
sich ohne Faltenbrüehe dem Oberkörper und den Armen glatt 
anlegte und nach Unten hin, zum unbehinderten Ausschreiten, einen 
weiten Rand hatte. Vermittels einer durehgezogenen Schnur 
wurde der Halsausschnitt der "eamisia" nach Anlegung derselben 
oben zusammengezogen, wie das in der Abbildung auf Tafel I, 
Fig. 2. näher veranschaulicht ist. 
Gleiehwie die Synagoge die Grundlage bildet, auf Welcher 
der Fundamentalbau der Kirche gelegt worden ist, so haben 
ältere Liturgiker und Symboliker bei der Deutung und Erklärung 
der gottesdienstlichen Gewänder des Ohristenthums die einzelnen 
Gewandstifieke des alt-testamentliehen Jehovadienstes ebenfalls als 
Norm und Maassstab betrachtet, nach welcher als Prototypen die 
Gewänder des geheimnissvollen Opfers des Christenthums sich 
gestaltet haben. Von allen Liturgikern führt Durandus, Bischof 
von Mende, in seinem bekannten Werke "Rationale divinorum 
offieiorum" mit der ihm eigenthümlichen eingehenden Tiefe in 
einem besondern Capitel seines verdienstvollen Buches „de indu- 
mentis legalibus" weiter die vergleichende Parallele aus, wie das 
einzelne Gewandsttiek des Opferpriesters und des Ilohenpriesters
	        
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