Volltext: Geschichte der liturgischen Gewänder des Mittelalters oder Entstehung und Entwicklung der kirchlichen Ornate und Paramente in Rücksicht auf Stoff, Gewebe, Farbe, Zeichnung, Schnitt und rituelle Bedeutung nachgewiesen und durch zahlreiche Abbildungen erläutert (Bd. 1)

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reichte. Das Gesetz Moses hatte denselben im Buche Exodus 
vorgeschrieben in folgenden lrVtirten:  "Porro filiis Aaron tuni- 
cas lineas parztbis"; und ferner: „filios quoque illius applicatbis et 
inducs tunicis lineis." 
Es wäre nun zuerst zu untersuchen, aus welchem Stoffe 
diese Tunik angefertigt war, die Hieronymus in seinem Briefe 
an Fabiola auch ßcamisia" nennt 2) und hernach zuzusehen, wel- 
che Beschaffenheit und Gestalt dieselbe gehabt habe. Hinsicht- 
lich des Stoffes des priesterlichen Leibrockes bemerken wir, dass 
ebenfalls, wie die "feminaliar, auch dieser "llalar des Üpfer- 
Priesters aus einem ausserst feinen ägyptischen Leinen, einem 
kostbaren Byssusstoffe angefertigt werden musste. 3) Und zwar 
war dieser Leinenstoff, aus welchem das ebengedachte Ge- 
wand angefertigt zu werden pflegte, ein dichtes Gewebe, be- 
stehend aus gezwirnten Leinfaden, deren jeder aus sechs Faden 
(Sechsdraht) zusammengesetzt war. Dieser Byssusstoff, der zu dem 
cbengcdachten Ornatstück verwandt wurde, war jedoch nicht glatt 
gewebt, sondern zeigte ein kleines, immer wiederkehrendes Muster. 
Dieses Dessin befand sich nicht nur allein, wie Einige meinen, 
an der "tunica" des Hohenpriesters, sondern auch an der des 
gewöhnlichen Opferpriesters eingewirkt, Von Welcher Beschaf- 
fenheit und Form war dieses durch das „op__us textoris" erzielte 
Muster der Tunik? Jedenfalls eine solche Musterung, wie dieselbe 
der Webstuhl in der vorchristliehen Zeit in seiner einfachen Ein- 
richtung in Leinenstoffen hervorbringen konnte. Wie das auch 
das ganze Mittelalter hindurch der Fall war, wurden in der Ge- 
bild- oder Leinenweberei entweder polygone Dcssins, die sich 
aneinander schlossen, angewandt, oder es bestanden diese Dossi- 
nirungen, ähnlich den griechischen Mäanderformen, aus geraden 
Linien, die sich zu Vielecken vielgestaltig zusammensetzten und ge- 
genseitig verbanden. Gleiehwie man heute bei gewöhnlichem Leinen 
für alltäglichen Gebrauch auch noch einfache zusammenhängende 
Dessins von kleinen Quadraten, Seehsecken, anzubringen pHegt, 
die keine complieirte Einrichtung des Webesttlhls erfordern, so 
kamen auch in dem klassischen Zeitalter der Griechen für Lein- 
Webereien solche naheliegende Polygone Muster meistens zur 
Anwendung. Ebenso zeigte auch das feine Byssus-Gewebe, woraus 
1) Exod. cap. XXVIII, v. 40 und XXIX, 8. 
z) Hieraus dürfte die französische Benennung 
Ausdruck „Ca,mis0l" entstanden sein. 
3) Jusephi antiq. lib. III, cap. VIII. 
mhemise", 
SO 
wie 
auch 
der
	        
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